Schleichende Entmachtung

Uwe Sattler sieht EU im Konflikt mit Warschau in einem Dilemma

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Warschauer Regierung hat sich echauffiert. Dass die EU-Kommission in Polen die Rechtsstaatlichkeit gefährdet sieht, scheint ihr ehrabschneidend. Dabei dürfte es keinen Zweifel an der Verletzung europäischer Verträge durch die neue Staatsführung geben. Die Einhaltung demokratischer Grundsätze ist in den Abkommen ebenso fixiert wie die Meinungsfreiheit. Angst vor Maßregelung braucht Warschau dennoch nicht zu haben. Im Rat der Regierungen, der über Sanktionen entscheiden muss, findet Polen genügend Unterstützer - jene Staaten, die sich ebenfalls von Brüssel gegängelt sehen.

Es sind auch nicht eingeschränkte Pressefreiheit und Gewaltenteilung durch die polnische Führung, die Brüssel ins Dilemma bringen. Sondern die darin manifestierte schleichende Renationalisierung bei gleichzeitiger Missachtung europäischer Abkommen und Institutionen. So tritt in der Flüchtlingsverteilung EU-Kommissionschef Juncker als chancenloser Bittsteller auf, Großbritannien setzt eine Ausnahme nach der anderen für sich durch, Ungarn ignoriert die Ordnungsrufe aus Brüssel, Deutschland schert sich bei seiner Stabilitätspolitik nicht die Bohne um die Meinung anderen Staaten - schon gar nicht um die des EU-Parlaments.

Trotzdem profitieren all diese Länder von Europa. Nur sollte das bedeuten, auch dessen Grundsätze zu achten, wie sie insbesondere in der Grundrechtecharta festgeschrieben sind. Dass solche Abkommen existieren, ist vielleicht der größte Wert der EU.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.