Endlich wieder Weltspitze

Die Biathleten um Weltmeister Erik Lesser haben ein äußerst erfolgreiches Jahr mit fünf WM-Medaillen hinter sich

Die Frauenstaffel, Erik Lesser und sein Trainer Mark Kirchner waren für nd-Leser die Besten 2015. Mit ihren WM-Erfolgen holten sich die Biathleten die Gunst der Fans zurück.

Die Stimmung bei Deutschlands Biathleten ist gut in diesen Tagen. Einerseits weil der Winter endlich da ist, und sie in Ruhpolding nicht länger auf Kunstschneetrassen durch grüne Wiesen laufen müssen. Andererseits, weil ihnen die nd-Leser bei der Wahl zu ihren Sportlern des Jahres 2015 gleich in drei Kategorien zum Sieg verholfen haben: Erik Lesser aus Frankenhain, die Frauen-Biathlonstaffel, bestehend aus den beiden Franziskas Hildebrand und Preuß sowie Vanessa Hinz und Laura Dahlmeier gewannen bei Sportlern und Mannschaft des Jahres. Mark Kirchner, Leitender Disziplintrainer der Männer, ist zudem der nd-Trainer 2015.

Alle Geehrten hatten ihren Anteil daran, dass die deutschen Biathleten bei den Weltmeisterschaften im März in Kontiolahti ihren Weg in die Weltspitze zurückfanden. Nach sehr enttäuschenden Titelkämpfen 2013 in Nove Mesto und den Olympischen Spielen ein Jahr später in Sotschi, von denen die Deutschen erstmals seit Langem titellos und mit nur je zwei Medaillen zurückgekehrt waren, wurde in Finnland drei mal Gold und insgesamt fünfmal Edelmetall eingesammelt. Der Generationenwechsel ist geschafft, was neun Siege und 20 Podestplatzierungen in der aktuellen Weltcupsaison belegen. Auch ohne Magdalena Neuner, Kati Wilhelm, Sven Fischer oder Michael Greis sind die Athleten des Deutschen Skiverbands (DSV) wieder Teil der Weltspitze. Das reicht für WM-Medaillen - und nd-Sportpokale.

Für Franziska Hildebrand ist die Auszeichnung »eine Bestätigung, dafür, was wir gemeinsam im vergangenen Jahr erreicht haben. Schön, dass die Leser unsere Leistungen so gewürdigt haben und ganz offensichtlich auch große Begeisterung für unsere Sportart haben.« Die 28-Jährige aus Clausthal-Zellerfeld ist mittlerweile die Älteste im Team und hat einen langen Weg an die Spitze hinter sich. Im Dezember feierte sie nun auch ihren ersten Weltcupsieg.

Erik Lesser zeigte sich von der Nachricht der gewonnenen Leserwahl »doch ein wenig überrascht«, schließlich habe Skispringer Severin Freund auch eine richtig tolle Saison hinter sich. »Aber natürlich freut es mich, dass die Leser so entschieden haben.« Ansonsten hadert ausgerechnet der Weltmeister aus Frankenhain mit seinen aktuellen Weltcupplatzierungen. »Ich bin auf dem richtigen Weg. Jetzt kommt es darauf an, das auch mal im Wettkampf zu zeigen«, sagt er. Vor einer knappen Woche verpasste Lesser sogar die Qualifikation für den Massenstart der besten 30 Athleten. »Das war extrem grausam. Das hatte ich mir nach meinen schlechten Leistungen aber auch redlich verdient«, gibt der 27-Jährige zu.

Es ist diese ehrliche, direkte Art, die Lesser in den vergangenen Jahren zum Publikumsliebling gemacht hat. Selten sind seine Kommentare austauschbar. Nie hört man ihn etwa sagen, dass er »nur von Rennen zu Rennen« denke. Über den Wind lässt er sich auch nicht aus, wenn der mal wieder zu stark blies. Lesser nimmt die Dinge mit Humor, oft ist eine Menge Selbstironie dabei und ein bisschen, gerade noch zu akzeptierende Fäkalsprache. Das kommt an bei den Fans - neben Erfolgen bei Großereignissen. Bei denen ist Lesser eine Bank: In Sotschi gewann nur er eine deutsche Einzelmedaille, in Kontiolahti nur er Einzelgold für den DSV. Dabei hat Lesser noch nie ein Weltcuprennen gewinnen können und sich in dieser Saison auch noch nicht für die WM in Oslo qualifiziert.

Bundestrainer Kirchner wird ihn trotzdem mitnehmen; er weiß, was er an Lesser hat: »Ich gehe zu hundert Prozent davon aus, dass Erik ein Bestandteil der WM-Mannschaft sein wird«, sagt der nd-Trainer 2015. »Die WM-Norm machen wir überhaupt nicht zum Thema. Eine halbe Norm hat er schon. Dazu kommt ein 16. und ein 17. Platz. Das ist für mich schon geschafft, es steht halt nur noch nicht auf dem Papier.« Der oft sehr selbstkritische Lesser sieht das ähnlich: »Viele Rennen, die auf dem Papier kacke aussehen, waren gar nicht so schlecht.« Eigentlich müsste er zweimal mindestens 15. werden, doch einen Weltmeister lässt man nicht einfach so zu Hause.

Zur Spitzenform fehlt aber noch etwas, und da kommt die Sportlerwahl von »neues deutschland« für Lesser zum rechten Zeitpunkt: »Gerade wenn es mal nicht ganz so rund läuft, hilft so ein Preis auch ein wenig, um sich wieder an die guten Momente zu erinnern und daraus Kraft und Motivation zu ziehen«, sagt er.

Und wenn das nicht hilft, ist ja immer noch der - geht es nach den nd-Lesern - beste Trainer Deutschlands, auch wenn Mark Kirchner den Ruhm gern teilen würde: »Um als Trainer erfolgreich sein zu können, braucht es ein gut funktionierendes Team, zu dem nicht nur die Athleten, sondern eben auch alle Betreuer gehören. Nur wenn jeder seinen Job bestmöglich ausfüllt, sind Erfolge wie im vergangene Jahr möglich. Ich nehme den Preis deshalb gerne stellvertretend für unsere gesamte Mannschaft an.«

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