»Ein Grundübel unserer Zeit«
Linkspartei und Grüne fordern nach Oxfam-Bericht stärkere Besteuerung von Vermögen und Profiten
Als am Montagmorgen die neueste Studie von Oxfam über die globale Ungleichheit die Runde machte, einem Netzwerk von Entwicklungsorganisationen, meldeten sich schnell Politiker der Linkspartei zu Wort, auch von den Grünen waren Kommentare zu hören. Offizielle Erklärungen von SPD oder Bundesregierung? Bis zum Nachmittag: Fehlanzeige.
Oxfam hatte Daten über die reicher werdenden Reichen und den großen Rest, dem nicht viel bleibt, vorgelegt: 62 Superreiche besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung; die Steuervermeidung großer Konzerne kostet die ärmsten Länder der Welt jährlich 100 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen. Neun von zehn der weltweit führenden Großunternehmen haben Oxfam zufolge Präsenzen in mindestens einer Steueroase. Und so weiter.
Der Grünenvorsitzende Cem Özdemir legte im Kurznachrichtendienst Twitter den Schwerpunkt auf die Steueroasen. Diese seien »ein Grundübel unserer Zeit. Wir brauchen endlich eine Bundesregierung und EU, die das entschlossen angehen«, sagte der Parteichef. Ähnlich äußerte sich die Deutschland-Chefin von Oxfam, Marion Lieser, die in der »Frankfurter Rundschau« eine bessere Bekämpfung der Steuervermeidung anmahnte. »Wir leben in einer Welt, deren Regeln für die Superreichen gemacht sind«, sagte auch Oxfam-Mitarbeiter Tobias Hauschild. Der Kampf gegen Armut und Krankheiten werde dadurch erschwert. »Nötig ist ein Wirtschafts- und Finanzsystem, von dem alle profitieren.« Deshalb sollten Gewinne allein dort versteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden, fordert Oxfam.
Die weiter wachsende Ungleichheit ist aber auch hierzulande ein gravierendes Problem. Deutschland sei eines der Länder mit der größten Ungleichheit bei Vermögen, Einkommen und Chancen, so Lieser. Um die Ungleichheit einzudämmen, »braucht es eine stärkere Besteuerung der Vermögenseinkommen.« Es könne nicht sein, dass Löhne höher besteuert werden als Kapitaleinkünfte.
LINKE-Chef Bernd Riexinger sagte angesichts der Oxfam-Zahlen, es gebe nun »keine Ausreden mehr, soziale Ungleichheit und steuerliche Fehlkonstrukte zu beseitigen«. Seine Ko-Vorsitzende Katja Kipping fragte sich mit Blick auf die Studie: »Können 62 Menschen soviel leisten wie die Hälfte der Weltbevölkerung? Der Kapitalismus hat kein Problem, er ist das Problem.«
Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht machte auch die Bundesregierung mitverantwortlich, die »weiterhin untätig der immer absurder werdenden Vermögenskonzentration zuschaut«. Die Politikerin plädierte für eine Vermögensteuer auf Vermögen ab einer Million Euro. Davon würde unter dem Strich sogar der Kapitalismus profitieren: »Eine gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums«, so Wagenknecht, »ist auch die Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.