Spanien: Kommt eine »Regierung des Wechsels«?

PSOE, Podemos und Izquierda Unida offen für Bündnis / Konservativer Rajoy verzichtet auf Regierungsbildung - und lauert auf ein Scheitern von Mitte-Links / Varoufakis warnt Podemos vor Regierungseintritt

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Wie geht es nun weiter in Spanien? Gut einen Monat nach der Parlamentswahl hat der bisher amtierende konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy nun vorerst auf eine Regierungsbildung verzichtet - ihm fehlen die politischen Partner und damit eine Mehrheit. Nun steht die Frage im Raum: Können sich die Parteien der Linken und der Mitte doch noch auf ein Bündnis einigen? Gespräche darüber sollen schon am Wochenende beginnen. Scheitern sie, könnten Rajoy und seine rechtskonservative Partido Popular letztlich doch an der Regierung bleiben.

Der Chef der Linkspartei Podemos, Pablo Iglesias, hatte am Freitag seine Bereitschaft erklärt, mit den Sozialdemokraten der PSOE eine Regierung zu bilden. Der König habe den Vorschlag als »vernünftig« bezeichnet, versicherte Iglesias - und schlug vor, in einer Mitte-Links-Allianz das Amt des Vize-Regierungschefs zu übernehmen. Auch der Vorsitzende der PSOE, Pedro Sánchez, hatte einen Termin in der Königsresidenz - und sich im Anschluss daran für den Vorstoß von Iglesias bedankt.

»Die Wähler von PSOE und Podemos würden es nicht verstehen, wenn wir uns nicht verständigen könnten«, sagte Sánchez. Auch der Vorsitzende der ökologisch-kommunistischen Izquierda Unida, Alberto Garzón, befürwortete eine Koalition mit Podemos und PSOE. Ziel sei eine »Regierung des Wechsels« nach dem Vorbild Griechenlands und Portugals.

Rein mathematisch könnten PSOE zusammen mit Podemos und mehreren kleineren Linksparteien und Regionalparteien eine absolute Mehrheit im Parlament erreichen. Doch die Sozialdemokraten lehnen unter anderem das von Podemos geforderte Recht auf Selbstbestimmung für die Bewohner der Region Katalonien strikt ab. Auch bei vielen anderen Punkten gibt es Differenzen. Deshalb hatten beide Parteien im Wahlkampf und auch nach dem Urnengang eine Zusammenarbeit zunächst ausgeschlossen.

Welchen Spielraum eine solche Mitte-Links-Regierung wirklich hätte, ist umstritten - nicht zuletzt wegen der Erfahrungen, die die linksgeführte Regierung in Griechenland machen musste, die unter dem Druck von EU, Eurogruppe und internationaler Gläubiger von ihren politischen Zielen abrücken musste und auf einen Austeritätskurs gezwungen wurde.

Eine prominente Warnung kam jetzt schon aus Athen: Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis sagte der spanischen Zeitung »El Mundo«, Podemos werde einen hohen Preis dafür zahlen, Teil einer solchen Regierung zu werden. Jeder Koalition, der die Hände durch Auflagen internationaler Gläubiger gebunden seien, laufe in kurzer Frist Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, sagte das frühere Mitglied der SYRIZA-geführten Regierung in Athen. Varoufakis verwies darauf, dass die harte Politik der EU gegenüber Griechenland auch das Ziel hatte, den Aufstieg von Podemos in Spanien zu stoppen.

Auf der anderen Seite würde das Scheitern einer Mitte-Links-Regierungsbildung die Rechtskonservativen an der Macht halten. Rajoy war zwar aus den Wahlen vom 20. Dezember als Sieger hervorgegangen, hatte aber die absolute Mehrheit verloren. Beim Versuch einer Regierungsbildung war der 60-Jährige bisher überhaupt nicht vorangekommen. Die anderen größeren Parteien hatten ihm die Unterstützung verweigert. Rajoy warb erfolglos bei der PSOE und Ciudadanos für eine Koalition oder für die Unterstützung einer Minderheitsregierung. Daraufhin lehnte Rajoy am Freitag den Auftrag von König Felipe VI. zur Bildung einer Regierung ab.

Dass er auf ein Scheitern der Mitte-Links-Rivalen und damit wohl auf Neuwahlen setzt, machte Rajoy am Freitagabend deutlich. »Ich verzichte auf gar nichts. Ich bleibe Kandidat auf die Präsidentschaft der Regierung. Nur habe ich noch nicht die nötige Unterstützung«, sagte er. Agenturen/nd

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