AfD-Überwachung: Kritik an Gabriel von links bis CDU
Verfassungsschutz gegen Rechtsaußen-Partei? Fraktionsvize Korte: »Das ist typischer Aktionismus« / FDP: Eindruck politischer Instrumentalisierung / Grüne: Bundesamt soll prüfen
Berlin. Mit seiner Forderung nach einer Beobachtung der Rechtsaußen-Partei AfD durch den Verfassungsschutz stößt SPD-Chef Sigmar Gabriel parteiübergreifend auf Widerspruch. »Das ist typischer Gabriel-Aktionismus«, sagte Linksfraktionsvize Jan Korte der Zeitung »Die Welt«. »Sinnvoller wäre es, wenn der Vizekanzler nicht jede Woche eine Forderung der AfD wie beim jüngsten Anti-Asylpaket erfüllen würde.« LINKEN-Chef Bernd Riexinger nannte Gabriel Vorschlag eine »Luftnummer«. Damit würde man es der AfD nur ermöglichen, sich weiter als Märtyrer zu gerieren.
Auch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach lehnte es ab, dem Verfassungsschutz Vorgaben zu machen. Wer beobachtet werde, entscheide der Verfassungsschutz selbst, so Bosbach. Das Bundesamt für Verfassungsschutz benötige hierzu »keine Aufforderung von Sigmar Gabriel«, sagte auch FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, »der Verfassungsschutz könne politisch instrumentalisiert werden«.
Die Grünen hingegen forderten, der Verfassungsschutz solle »prüfen«, ob die AfD beziehungsweise Teilorganisationen nicht die Voraussetzungen einer Beobachtung erfüllen. »Das sind Feinde des Rechtsstaates«, sagte Innenpolitiker Volker Beck laut »Welt«. Gabriel hatte gesagt, für ihn gehöre »die AfD in den Verfassungsschutzbericht«. Anlass war der Vorstoß von AfD-Chefin Frauke Petry für einen Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge bei illegalem Grenzübertritt.
Derweil hält die Kritik an der AfD wegen Äußerungen ihrer Führungsfiguren zu einem möglichen Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze an. Auch aus CSU und CDU tönte Ablehnung - von Parteien also, die selbst die Abschottung vorantreiben. Mit Schusswaffen gegen Flüchtlinge an der Grenze vorzugehen, sei an Zynismus nicht zu überbieten, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger. »Es sind Einlassungen wie diese, die das gesellschaftliche Klima in Deutschland vergiften und das radikale Gedankengut der AfD offenbaren.« Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet sagte »Spiegel Online«, die AfD verletze Prinzipien wie die Würde des Menschen, die Verhältnismäßigkeit der Mittel und den Respekt vor dem Leben. »Sie entwickelt sich zu einer Partei, die das Grundgesetz, die Werte unseres Landes und der Zivilisation verrät.«
Unionsfraktionschef Volker Kauder warf der AfD-Führung in der »Süddeutschen Zeitung« eine »unmenschliche Haltung« vor: »Die Äußerungen von Frau Petry sind rundum entlarvend: Sie zeigen die wahre Gesinnung der AfD-Führung, ihre ganze Verachtung für die Menschen, die vor Krieg und Vertreibung bei uns Zuflucht suchen.« Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte der »Rheinischen Post«: »Der Einsatz von Schusswaffen gegen die Flüchtlinge an der Grenze wäre völlig absurd und nicht rechtens.«
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry hatte gesagt, Polizisten müssten illegalen Grenzübertritt verhindern, und dabei »notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz«. Ihre Stellvertreterin Beatrix von Storch legte später auf Facebook nach. »Wollt Ihr etwa Frauen mit Kindern an der grünen Wiese den Zutritt mit Waffengewalt verhindern?«, wurde sie in dem sozialen Netzwerk gefragt. Storch antwortete knapp mit »Ja«, ruderte später aber etwas zurück: »Gegen Kinder ist der Schusswaffeneinsatz richtigerweise nicht zulässig. Frauen sind anders als Kinder verständig.«
Nach dem Proteststurm über die Äußerungen zum Schusswaffeneinsatz bemühte sich der AfD-Bundesvorstand am Montag um Schadensbegrenzung. »Die AfD lehnt es strikt ab, dass auf Menschen geschossen wird, die friedlich Einlass in das Bundesgebiet begehren. Die AfD strebt keinerlei Verschärfung der diesbezüglich geltenden Rechtslage oder Praxis an«, erklärten Parteichefin Petry und ihr Co-Vorsitzender Jörg Meuthen im Namen des Bundesvorstands. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.