Dresden: Protest gegen Nazis war »klein, aber laut«

Bündnis kann nur einige Hundert gegen Rechtsradikale mobilisieren: Wir sind nicht zufrieden / Etwa 600 Neonazis marschieren durch Prohlis / Zahlreiche Gedenkveranstaltungen am Samstag erinnern an NS-Verbrechen

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehrere hundert Menschen haben in Dresden gegen einen Aufmarsch von Neonazis protestiert, die die Bombardierung der Stadt durch die Alliierten im Zweiten Weltkrieg für ihre Hetze missbrauchen. Was allerdings einst einer der größten rechtsradikalen Aktionen des Jahres war, ist inzwischen zu einem kleineren Auflauf von Rechtsextremen geworden. Von einem enormen Polizeiaufgebot begleitet marschierten rund 600 Neonazis durch den Stadtteil Prohlis. Die Gegendemonstranten kamen »nicht weit, da die Polizei den Zug nach wenigen Hundert Metern stoppte. Grund war eine nicht genehmigte Route«, formuliert die Deutsche Presse-Agentur: »Die Polizei hielt beide Lager auseinander.« Rund 100 Menschen waren zudem einem Aufruf der AG 13. Februar gefolgt, in der auch die Stadt vertreten ist - sie demonstrierten entlang der Strecke der Neonazis am Stadtrand gegen die Rechten.

Beim Bündnis Dresden Nazifrei blickte man nach den Protesten mit etwas gemischten Gefühlen zurück. »Letztes Jahr noch Innenstadt, dieses Jahr schon Prohlis. Jedes Jahr ein Stück weiter draußen - das Stadtzentrum haben die Nazis am und rund um den 13. Februar aufgegeben. Und selbst bei größter Geheimhaltungsstufe und kurzfristiger Anmeldung schaffen Sie es nicht, ungestört irgendwo in den Vororten herumzugeistern.« Dies sei aber nur die eine Seite.

Richtig sei auch, dass ohne gesicherte Informationen über die Route der Neonazis die Phase der Mobilisierung zu Gegenprotesten sehr kurz war. Das habe dazu beigetragen, dass die Teilnahmezahlen eher klein blieben. »Aufs Ganze gesehen blieb der Protest damit in dem Rahmen, der unter den gegebenen Umständen zu leisten war. An eine Blockade war bei den heutigen Zahlenvehältnissen und der massiven Polizeipräsenz nicht zu denken. Wir haben das Beste draus gemacht und den Nazis unsere Meinung gesagt. Die Demo war klein, aber laut und das war super!«

Das Bündnis sei aber nicht zufrieden. So seien zwar Tausende am Montag zu einem Antifa-Konzert von »Deichkind« gekommen - von denen seien aber am Freitag zum anstrengenderen Protest gegen die Neonazis »deutlich zu wenige« gekommen.

Auch am Samstag wird mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen an die Zerstörung Dresdens durch alliierte Bomber erinnert. Die Stadt setzt in diesem Jahr auf dezentrale Veranstaltungen. Eine zentrale Gedenkfeier auf dem Heidefriedhof wie in den zurückliegenden Jahren wird es nicht geben. Im vergangenen Jahr hatten sich mehr als 11.000 Menschen in die Menschenkette eingereiht. Für den Jahrestag selbst wurden aber keine größeren Kundgebungen von Neonazis mehr erwartet.

Gedenkveranstaltungen gibt es am Samstag auf dem St.-Pauli-Friedhof, auf dem von Nazis ermordete Kinder osteuropäischer Zwangsarbeiterinnen liegen, dem Äußeren Matthäusfriedhof, am Güterbahnhof Neustadt, von dem aus in der NS-Zeit Juden deportiert wurden, und am Urnenhain Tolkewitz. Dort befindet sich eine Gedenkstätte für die Euthanasieopfer der NS-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein. Das Thema Euthanasie steht auch im Mittelpunkt eines »Täterspuren«-Mahngangs, zu dem Dresden Nazifrei aufgerufen hat. Er wird an verschiedenen Orten entlangführen, an denen NS-Verbrechen geplant oder begangen wurden. mit Agenturen

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