Blubbern aus der Magmakammer
Im Vogtland bebt oft die Erde - das könnte das Erbe früherer Vulkane sein, sagen Experten
Seit Jahren zieht es Wissenschaftler in das Vogtland und ins benachbarte Westböhmen. Der Grund liegt tief unter der Erde und sendet immer wieder Zeichen an die Oberfläche: kleine Erdbeben, aufsteigende Gase und Mofetten, bei denen der Laie nur blubbernde Wasserlöcher erkennt. Die Ursache dafür sind Magmakammern im Untergrund: »Das sind Phänomene, die nahe beim Vulkanismus liegen«, sagt Michael Korn, der an der Universität Leipzig die Professur für Theoretische Geophysik innehat.
Bis vor 200 000 Jahren gab es in der Region aktive Vulkane, wie deren Hinterlassenschaften - sogenannte Maare - beweisen. Korn: »Was wir jetzt erleben, könnten kleine Nachaktivitäten sein, die irgendwann verschwinden. Oder die magmatische Aktivität könnte wieder aktiver werden.« Bei solchen Prozessen werde aber in Jahrtausenden gedacht.
Ein Zusammenschluss deutscher und tschechischer Forschergruppen hofft nun, beim Internationalen Kontinentalen Tiefbohrprogramm (ICDP) die Genehmigung für ein größeres Bohrprojekt zu bekommen. Dies könnte weitere Erkenntnisse bringen. Zwei von sechs Untersuchungsstellen sind auf deutscher Seite bei Bad Brambach in Sachsen geplant. Federführend sind Wissenschaftler des Geoforschungszentrums Potsdam um den Geomikrobiologen Mashal Alawi. Bereits für März ist eine Vorbohrung geplant. Sie soll nahe dem tschechischen Ort Hartousov 120 Meter tief gehen. Dort steigt besonders viel Gas aus der Tiefe auf - neben Kohlendioxid auch Schwefel und Helium.
Der Geochemiker Horst Kämpf arbeitet ebenfalls am Potsdamer Geoforschungszentrum und ist seit über 30 Jahren mit der Region vertraut. »Das Egerbecken könnte über dem Zentrum des unterirdischen Magmenreservoirs liegen. Uns fielen neben einem Mofettenfeld vor Jahren schon die sogenannten Insektenfallen auf.« Dabei finden sich in den Wiesen runde Stellen, an denen kein Gras mehr wächst und auf denen sich tote Insekten, Mäuse und Vögel häufen. Sie sind durch das aufsteigende Kohlendioxid verendet, das an diesen Punkten ausströmt.
Auch in den letzten Monaten hat Kämpf mit seinen Kollegen durch Gasflussmessungen die blubbernden Wasserlöcher in Tschechien und die Quellen in Bad Brambach überwacht: »Das Magma bleibt noch in der Tiefe stecken, aber das Gas kommt über Kanäle bis zur Oberfläche. Es trägt wichtige Informationen in sich, wie es im Untergrund aussieht.«
Eine Entdeckung machten sie während der letzten, stärkeren Erdbebenserie 2014: »Vor und während dieser Zeit ist vermehrt Kohlendioxid aus dem Boden aufgestiegen«, berichtet Kämpf. Dies war unter anderem an der Wettinquelle in Bad Brambach sichtbar. Spekulationen, ob sich das Magma im Untergrund ausbreiten oder aufsteigen könnte, weist er von sich: »Wir sind noch in der Phase, Daten zu sammeln.«
Auch deshalb seien die beantragten sechs Bohrungen wichtig. »Aber die sind an den Stellen, wo Gas aufsteigt, eine Herausforderung und nicht ungefährlich, auch deshalb machen wir die Vorbohrung diesen März.« Sollte der Antrag für das Bohrprogramm für zwei Millionen Euro bewilligt werden, könnte es laut Korn nach einer Planungsphase ab 2017 richtig losgehen.
Dann wollen die Forscher Instrumente hinab lassen, um Gase direkt im Untergrund abzupassen und kleinste Erschütterungen zu messen. »Dadurch können wir Risse durch Beben näher verfolgen und die Aufstiegswege der Gase besser verstehen«, sagt Korn. Der eigentliche Ort des Geschehens liegt aber unerreichbar in rund 60 Kilometern Tiefe: »Vielleicht sind dort über die Region verteilt bis zu drei Kammern.« Die könnten zu 20 Prozent mit flüssigem Magma gefüllt sein, der Rest wären nach jetzigen Erkenntnissen Gesteinsbrocken.
Die meisten Einwohner der Region lassen sich weder von den Forschern, noch von den kleinen Erdbeben aus der Ruhe bringen, wie der Bürgermeister von Bad Brambach, Helmut Wolfram, erklärt: »Erst bei einem Erdbeben, das auf der Richterskala fast die fünf erreicht, wird man etwas nervös.« Doch Prof. Korn aus Leipzig beruhigt. Stärkere Erdbebenstärken seien nicht zu erwarten. Bislang hat der Kurort Bad Brambach mit seinen Quellen vom Untergrund nur profitieren können. dpa/nd
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