Chiles deutscher Schatten
»Colonia Dignidad« im Kino: Schauspieler Brühl fordert Aufarbeitung der Verbrechen
Berlin. Es war Geheimgefängnis und Folterzentrum der chilenischen Pinochet-Diktatur nach dem Putsch von 1973: Das 30 000 Quadratmeter große Gelände der sogenannten Colonia Dignidad. Seit deren Schließung im Jahr 2005 war es allzu lange allzu ruhig um die 1961 vom deutschen Laienprediger und Rechts- extremen Paul Schäfer 400 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago de Chile gegründete Sekte, die enge Kontakte in reaktionäre, militaristische und neoliberale Kreise Chiles und Deutschlands unterhielt. Nun könnte der - nicht nur gelobte - Spielfilm »Colonia Dignidad« von Florian Gallenberger dem Thema endlich wieder Aufmerksamkeit verschaffen. Im »nd«-Gespräch erklären er und Hauptdarsteller Daniel Brühl ihre Motivationen und warum man auch mit dem Medium des Unterhaltungsfilms politische Anliegen stützen kann.
Ganz so, als würde Gallenbergers am 18. Februar im Kino startender Film schon jetzt seine Wirkung entfalten, beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft Krefeld seit vergangenem Montag wieder mit dem Fall des Sektenarztes Hartmut Hopp. Die hiesigen Behörden weigerten sich bisher, den 2010 nach Deutschland geflohenen Vertrauten Paul Schäfers an Chile auszuliefern oder ihn sonst irgendwie strafrechtlich zu behelligen. Und ob Zufall oder nicht: Just am Tag des Kinostarts richtet das Auswärtige Amt ein Seminar zur Geschichte der deutschen Folterkolonie aus.
Und diese Geschichte ist vor allem eine der Vertuschung. So wurde laut dem Sektenexperten Jan Stehle kein einziges Führungsmitglied der »Colonia Dignidad« für die begangenen Folterungen, den Waffenhandel und den sexuellen Missbrauch zur Verantwortung gezogen. Die »Kommune« gibt es übrigens bis heute: Unter dem Namen »Villa Baviera« (Bayerisches Dorf) pflegen noch etwa 100 Kommunarden »deutsche Tugenden«. tri Seite 3
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