Zweifelhafte Abschiebungen
Die Große Koalition will straffällige Ausländer rasch ausweisen - das könnte gegen die Genfer Konvention verstoßen
Berlin. Am Freitag soll der Bundestag erstmals über den Gesetzentwurf der Koalition zur leichteren Abschiebung straffälliger Ausländer debattieren - die Linkspartei sieht sich nun durch ein Gutachten in ihrer Ablehnung bestärkt: Der wissenschaftliche Dienst des Bundestag äußerte in einer am Donnerstag bekannt gewordenen Stellungnahme erhebliche völkerrechtliche Zweifel an der geplanten Gesetzesverschärfung, mit der die Bundesregierung auf die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln reagierte.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass ausländische Straftäter künftig ausgewiesen werden können, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden - auch dann, wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist oder als Jugendstrafe verhängt wurde. Die erleichterte Ausweisung soll etwa bei Gewaltdelikten oder Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gelten, könnte in bestimmten Fällen aber auch bei Eigentumsdelikten wie Diebstahl angewendet werden.
Die unabhängigen Gutachter des wissenschaftlichen Diensts im Bundestag nehmen in ihrem Gutachten, das sie im Auftrag der Linkspartei erstellten, vor allem auf die Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention Bezug: Die Konvention erlaubt die Ausweisung von Flüchtlingen nur dann, wenn diese eine schwer wiegende Gefahr für die Sicherheit der Allgemeinheit darstellen. Den Schutzanspruch verwirkt der Flüchtling demnach nur bei besonders schweren Straftaten.
Die Wissenschaftler im Bundestag äußerten in ihrem Gutachten die Vermutung, dass die Koalition mit ihrem Gesetzentwurf diese hohen völkerrechtlichen Hürden für eine Ausweisung absenken wolle - und damit gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoße. Die Konvention lasse den Schluss zu, dass «Bagatelldelikte, aber auch bloße Bewährungsstrafen, für eine Ausweisung »nicht ausreichen«, schreiben die Wissenschaftler. AFP/nd
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