Freiheit für 3,30 Euro
Indien streitet über superbilliges Smartphone
Dem indischen Hersteller Ringing Bells war schnell klar, wie begehrt sein neues Smartphone sein würde. Schon kurz nach den ersten Nachrichten über das für 251 Rupien (3,30 Euro) erhältliche »Freedom 251« versammelte sich eine Menschenmenge um das Büro der Firma im nordindischen Noida. Doch die Leute wurden vertröstet: Zwar begann am Donnerstag der Verkauf, das Gerät könne aber nur online geordert werden. Sicherheitshalber umstellte die Polizei das Gebäude - falls sich Frust entladen sollte.
Das Unternehmen hat große Erwartungen geschürt: Selbst in den abgelegensten Regionen werde das Gerät die Bürger endlich emanzipieren. Die Firma trage dazu bei, die Chancengleichheit in Indien zu erhöhen - und zwar mit »der allerneuesten Technologie«. Tatsächlich ist das Smartphone nicht ohne: Für den Preis eines Kaffees bei Starbucks bekommen die Kunden acht Gigabyte Speicherplatz, einen Vierkernprozessor mit 1,3 Gigahertz sowie ein vier Zoll großes Display. Erste Tester berichten, der Gesamteindruck entspreche eher dem eines 50-Euro-Gerätes.
Doch das scheint manchem zu schön, um wahr zu sein. Der Verband der Indischen Smartphone-Industrie meint, dass ein solcher Preis nur über staatliche Subventionen möglich sei. Immerhin hatte Premierminister Narendra Modi vor ein paar Monaten verkündet, er träume von einem digitalen Indien und wolle alle 1,3 Milliarden Bewohner miteinander vernetzen. Ein Minister kam zur Präsentation des »Freedom 251« in dieser Woche. Die Konkurrenten von Ringing Bells vermuten Wettbewerbsverzerrung - und fordern eine Überprüfung.
Der Hersteller gibt an, er spare, indem er direkt in Indien produziere. Angesichts der riesigen Stückzahl könne er zudem Bauteile im Großhandel äußerst billig einkaufen. Auch der ausschließliche Online-Vertrieb spare Kosten. Statt von Subventionen spricht das Unternehmen von einer »Revolution« in der Art, wie Handys produziert und angeboten werden. Ringing Bells habe von der staatlichen Unterstützung im Rahmen der »Make-in-India«-Kampagne profitiert, mit der Premier Modi Indien als Produktionsstandort etablieren will. Die stünde aber allen Firmen offen.
Die Konkurrenten halten diese Argumentation für unglaubwürdig. »Allein das Material für ein solches Produkt kostet im Großhandel mindestens 2700 Rupien. Insgesamt kann man ein solches Produkt nicht für unter 4100 Rupien verkaufen«, heißt es in einem Brief des Branchenverbandes an die Regierung.
Für die Unternehmen steht viel auf dem Spiel: 2015 hat der Subkontinent die USA überholt und ist jetzt hinter China der zweitgrößte Smartphone-Markt. Dabei hat erst etwa jeder zehnte Inder überhaupt ein internetgängiges Handy. Angesichts der immer noch bescheidenen Einkommen sind die Zuwachsraten im unteren Preissegment am größten. Bisher produzieren hauptsächlich Chinesen und einige erfolgreiche heimische Marken wie Micromax. Doch sollte Ringing Bells pünktlich ausliefern, könnte die erst 2015 gegründete Firma aufholen. Einige twitterten bereits, sie hätten gleich mehrere Modelle bestellt - dann brach der Server von Ringing Bells zusammen.
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