»Schöpfungsgut Boden«
Die evangelische Kirche besitzt viel Land in Sachsen-Anhalt - wie geht sie künftig damit um?
Vor kurzem gewann die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) einen Preis für die Ausgestaltung von Pachtverträgen im Wettbewerb »BodenWertSchätzen« der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Begründet wurde die Preisverleihung damit, dass bei dem Vergabeverfahren neben der Regionalität auch der nachhaltige Umgang mit dem Boden sowie Gewässer- und Artenschutz im Vordergrund stünden.
Während die Jury des DBU das Konzept als »wegweisend« pries, bezeichnete die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die Vergabekriterien als ungenügend. Begründung: Das darin liegende Potenzial für eine naturgemäße, nachhaltige Bewirtschaftung bliebe weitgehend ungenutzt.
So seien unter den Kriterien für die Pächterauswahl mehrere wichtige Kriterien unter einem einzigen Punkt zusammengefasst, so dass der Pächter nur noch ein einziges Kriterium zu erfüllen braucht, um einen Punkt zu erhalten. Auch lässt sich die schwammige Formulierung des »ordnungsgemäßen, nachhaltigen und pfleglichen Umganges mit dem Schöpfungsgut Boden« sehr großzügig interpretieren. Dies erlaube nicht nur die Ausbringung von Pestiziden, auch blieben Aspekte wie bodengebundene Tierhaltung (Tierbesatz), ökologische und gentechnikfreie Bewirtschaftung oder die Anzahl der Arbeitskräfte je Hektar gänzlich unberücksichtigt.
Seit mehr als 20 Jahren verhökert die Bodenverwertungs- und verwaltungs GmbH (BVVG) im Osten Deutschlands ehemals volkseigene Äcker, Wiesen und Wälder zu Höchstpreisen. Damit bleiben die Höfe für wenig zahlungskräftige Kleinbauern unerschwinglich. Stattdessen fallen sie an fremde Investoren und Spekulanten, welche ausschließlich an Rendite interessiert sind. So verkommen die Böden zu Spekulationsobjekten. Sie werden durch Ackergifte degradiert, einheimische Bauern werden quasi durch die Hintertür enteignet.
In ihrer Position als drittgrößter Landbesitzer in Sachsen-Anhalt könnte die EKM dieser unerfreulichen Entwicklung der Bodenspekulation ein detailliert ausgearbeiteten Pachtvergabesystem entgegensetzen, welches ökologische Bewirtschaftung und artgerechte Tierhaltung auf dem zu pachtenden Grundstück vorschreibt. Bereits Ende 2014 lagen drei Änderungsanträge vor, von denen einer einen Mechanismus zur Bremsung der steigenden Pachtpreise forderte. Die EKM verwaltet rund 75 000 Hektar Land, darunter die begehrte fruchtbare Böden in der Magdeburger Börde. Mit den Pachteinnahmen - knapp 20 Millionen Euro im Jahr - finanziert sie ihre Pfarrstellen und den Erhalt der Kirchen.
Bei der Verpachtung werden Kirchenmitglieder prinzipiell vorgezogen. Hier stellt sich die Frage, ob diese Praxis sinnvoll ist, grenzt sie doch all diejenigen aus, die mit Boden und Tier gern verantwortungsvoll umgehen würden, jedoch im Auswahlverfahren benachteiligt werden, weil sie nicht der Kirche angehören. Dies steht auch im Widerspruch zu der im Grundgesetz in Artikel 3 und 4 verankerten Religionsfreiheit, demzufolge niemand wegen seiner religiösen/politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf.
Nun plant die Verwaltung der EKM eine Überarbeitung des Punktevergabesystems. Sie fordert alle Kirchgemeinden der betreffenden Regionen auf, bis Ende Februar 2016 eine Stellungnahme abzugeben. Diese soll ausgewertet und der Evangelischen Synode im Herbst 2016 zur Abstimmung vorgelegt werden. Die AbL in Mitteldeutschland veröffentlichte unterdessen ein eigenes - ökologisch und sozial verträgliches - Konzept zur Pachtvergabe, das im Detail auf ihrer Website eingesehen werden kann.
Mehr Informationen im Internet unter: www.ekmd.de/kirche/landessynode/evaluationpachtvergabe/ und: abl-mitteldeutschland.de
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