Das diffuse Bedrohungsgefühl wächst weiter

Andreas Zick und Beate Küpper haben Analysen zum aktuellen Rechtspopulismus zusammengetragen

  • Heinz Niemann
  • Lesedauer: 3 Min.

Dieses Buch bestätigt einmal mehr, wie rasch und wie bedenklich sich die Lage am rechten Rand der Gesellschaft entwickelt. Das von der Friedrich-Ebert-Stiftung geförderte Projekt bietet umfängliche Datenbefunde aus aufwendig konfigurierten Umfragen, deren Aussagekraft wertvoll wie bedrückend ist. Der von Andreas Zick und Beate Küpper herausgegebene Band präsentiert hierzulande längerfristig verankerte Denk- und Verhaltensweisen von ganz rechts bis links, wobei der Nachweis bedenkenswert ist, dass diese nicht nur Randgruppen betreffen, sondern große Teile der verunsicherten »Mitte« der Gesellschaft.


Andreas Zick/Beate Küpper (Hg.): Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland.
J.H.W. Dietz. 224 S., br., 16,90 €.


Zutreffend werden einige konstitutive weltanschauliche Kennzeichen des Rechtspopulismus wie Sozialneid, Ablehnung der Europäischen Union und der Globalisierung, Antiislamismus und Antiamerikanismus benannt. Diskutiert werden die Forderungen nach einem starken Staat, die Ablehnung des parlamentarischen Systems der Parteienrepräsentanz und der in ihm agierende Politiker. Weniger aussagekräftig wird der zunehmende Einfluss der Flüchtlingsmigration auf den Rechtspopulismus und seiner militanten Zuspitzung bzw. Gewaltbereitschaft behandelt. Bei der Erklärung für die statistisch belegte Mehrzahl von Gewaltakten in den neuen Bundesländern bleiben die Autoren in für den Mainstream typischen Pauschalurteilen befangen. Spezifische soziokulturelle Ursachen wie biografische Brüche und die anhaltende Demütigung, als Ostdeutscher Bürger zweiter Klasse zu sein, bleiben außerhalb des Blickfeldes.

Konstruktiv ist der von Alexander Häusler und Rainer Roeser gegebene Überblick zur Position von AfD und Pegida, über die inhaltlichen Ursachen der Abspaltung des Lucke-Flügels von der sogenannten Alternative für Deutschland sowie der Gründung von ALFA. Gut, dass die Autoren dabei auch relevante westdeutsche Landesverbände in die Analyse einbezogen haben. Besonders anschaulich ist auch der Beitrag über das Agieren der AfD in Brandenburg.

Unter dem Strich bleibt festzustellen, dass sowohl AfD wie Pegida fortwährend neue Argumente geliefert bekommen, die für ihre Haltungen gegen die Asylpolitik, gegen Brüssel und gegen ein parlamentarisch-demokratisches System deshalb ziehen, weil die Politik und die Parteien keine überzeugende Antwort auf die Frage finden, wie die EU eine Gemeinschaft und wie Deutschland ein Land mit offenen Grenzen bleiben und zugleich ein Sozialstaat sein kann. Zu befürchten ist, dass der Bundesrepublik sehr bald Probleme entstehen werden, wie sie Frankreich hat.

Noch fehlt dem deutschen Rechtspopulismus zum Glück eine charismatische Führungsfigur und qualifiziertes Personal. Trotzdem zeigte sich bei den jüngsten Wahlen, dass immer mehr Bürger den Politikern vorwerfen, sie würden ihrer Pflicht, »Schaden vom deutschen Volke abzuwenden«, nicht nachkommen. Das diffuse Bedrohungsgefühl wird stärker, wenn zum Versagen der EU und der Bundesrepublik in der Flüchtlingsfrage noch eine neue Wirtschaftskrise hinzu kommt.

Die vorgelegte Analyse des Rechtspopulismus hat nicht den Anspruch, Antworten auf alle Fragen zu liefern, aber sie skizziert schon mal eine Gegenstrategie.

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