Erste Schritte zu neuen Koalitionen nach den Landtagswahlen
Sachsen-Anhalt: Haseloff strebt Schwarz-Rot-Grün an / Malu Dreyer (SPD) bevorzugt Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz / Kretschmann (Grüne) hält sich Optionen im Südwesten offen
Berlin. Nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt strebt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) eine Koalition mit SPD und Grünen an. Haseloff sagte am Montag in Berlin, er wolle eine »Regierung der Mitte« bilden. Die CDU will bereits am Mittwoch erste Sondierungsgespräche führen. Die grüne Spitzenkandidatin Claudia Dalbert kündigte an, ihre Partei werde eine mögliche Regierungsbeteiligung »sehr sehr sorgfältig prüfen«.
Bei der Landtagswahl am Sonntag hatte die bisherige schwarz-rote Koalition ihre Mehrheit verloren. Um auch künftig weiterregieren zu können, ist Haseloff daher auf einen dritten Koalitionspartner angewiesen. Es werde eine »etwas kompliziertere«, aber doch »realistische Regierungsbildung geben, die drei Partner umfassen wird«, sagte der Ministerpräsident am Montag nach den CDU-Gremiensitzungen in Berlin. Zugleich äußerte er sich »optimistisch, dass wir diese Regierung in den nächsten Wochen zustande bekommen«.
Die Grünen wollen sich einer Regierungsbeteiligung nicht grundsätzlich verschließen. Angesichts des Wahlausgangs und des starken Abschneidens der AfD gebe es nur eine Möglichkeit, eine demokratische Regierung zu bilden. »Wir stehen in einer besonderen Verantwortung«, sagte Dalbert. Der Landesvorstand der Grünen wollte am Montagabend eine Entscheidung über Sondierungsgesprächen mit der CDU treffen. Am Ende müsse aber eine klare grüne Handschrift erkennbar sein, unterstrich Dalbert.
Nach dem Wahldebakel steht Sachsen-Anhalts SPD offenbar vor einer Zerreißprobe. Nach Informationen der »Mitteldeutschen Zeitung« haben mindestens sieben Kreisverbände einen Antrag auf einen Sonderparteitag gestellt, um über personelle und inhaltliche Konsequenzen zu beraten. SPD-Spitzenkandidatin Katrin Budde lehnt bislang einen Rücktritt ab. Budde sagte MDR Info, die Partei werde zunächst diskutieren, »wo wir hinwollen und dann werden wir entscheiden, mit wem wir was machen«.
Rheinland-Pfalz: Dreyer sucht Gespräch mit Grünen und FDP
Die SPD in Rheinland-Pfalz peilt eine Ampelkoalition mit der FDP und den Grünen an. Eine große Koalition sei nur für »Notsituationen«, deshalb werde die SPD jetzt das Gespräch mit der FDP und den Grünen suchen, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Montag in Berlin.
»Wir werden erst mit unserem bisherigen Koalitionspartner, den Grünen, sprechen, dann auch mit der FDP«, sagte Dreyer. Danach sei dann klar, ob die Drei-Parteien-Konstellation zustande komme oder nicht. Neben der FDP und den Grünen will die SPD aber auch mit der CDU sie Chancen für eine Regierungsbildung ausloten. Allerdings sei eine große Koalition »immer nur die ultima ratio«, sagte Dreyer.
Die FDP im Land äußerte sich zunächst zurückhaltend. »Wir warten nicht auf ein Angebot der SPD. Unser Ziel war es, in den Landtag zu kommen«, sagte Hartmut Höppner, Hauptgeschäftsführer der Liberalen in Rheinland-Pfalz, der Nachrichtenagentur AFP am Montag.
Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner schwor seine Partei auf eine prinzipientreue Politik ein: Die FDP stehe »für alle möglichen Gespräche unter den Parteien zur Verfügung«, sagte Lindner in Berlin. »Wir stehen aber nicht bereit zum Verrat an unseren Prinzipien.«
Die Liberalen könnten nach den Landtagswahlen sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Baden-Württemberg in einer Dreier-Konstellation mitregieren. Während Lindner eine Regierungsbeteiligung unter dem grünen Ministerpräsident Winfried Kretschmann quasi ausschloss, beurteilte er eine Beteiligung an einer SPD-geführten Koalition in Rheinland-Pfalz weniger ablehnend.
Die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner sah indes die SPD am Zug: »Der Ball liegt im Feld der amtierenden Ministerpräsidentin, jetzt eine Regierung zu bilden«, sagte Klöckner. Eine Beteiligung an einer SPD-geführten großen Koalition schloss sie zumindest nicht aus.
Kretschmann hält sich in Baden-Württemberg alle Optionen offen
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat nach seinem Wahlsieg vor parteitaktischen Spielen bei der Regierungsbildung gewarnt. »Wir brauchen eine stabile Regierung in Baden-Württemberg«, sagte Kretschmann am Montag in Berlin nach Beratungen des Partei-Vorstandes sowie des Parteirates der Grünen.
Zur Regierungsbildung in Stuttgart sagte Kretschmann, er habe bisher nichts ausgeschlossen. Das »eindrucksvolle Votum« der Wähler sei klar. Er habe von den Bürgern den Auftrag erhalten, eine Regierung zu bilden. Es sei zu hoffen, dass parteitaktische Überlegungen auch angesichts der Lage in Europa hintenan gestellt würden: »Ich hoffe, dass alle anderen Parteien in dieser Situation auch offen sind für die Gespräche.« Agenturen/nd
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