Zeichner der vergangenen Gegenwart
Klaus Vonderwerth tot
Nun ist er jenseits vom Erlebbaren angekommen: Einer, der zeichnerisch im Diesseits einer Gegenwart seinen Weg gefunden hat, die in erschreckendem Maß vergeht. Am 19. März ist er dem Krebs erlegen, der ihm bereits am 7. Februar das Feiern des 80. Geburtstages vergällt hatte. Im Sommer wollte das Satiricum Greiz ihm eine Personalausstellung ausrichten - er hatte sie schweren Herzens absagen müssen. Der Absolvent der Meisterschule für das grafische Gewerbe Berlin Klaus Vonderwerth war in den 1970er Jahren einer der Geburtshelfer dieser neuprofilierten Sammlung satirischer Zeichenkunst gewesen. Und er verkörperte in jener nun vergangenen Gegenwart auf nunmehr selten gewordene Weise kritische Publizistik und grafische Kunst in Personalunion.
Einem großen Publikum immer gegenwärtig zu sein, und dabei hochgesteckte künstlerische Ziele im Auge zu haben, das zeichnete ihn im Verein mit Gleichgesinnten aus: Ob es sich nun um Cover für Märchenschallplatten von »Amiga« oder Filmplakate für »Progress« oder Pausengrafik für den »DFF« handelte - unterhaltsam, geistreich und kultiviert kam das daher. Über die Grenzen zwischen Gebrauchsgrafik und Pressezeichnung hinweg entstand das, was wir »Cartoon« nannten. Die frei improvisierte, möglichst wortlose, aber witzgeladene Bildidee - dieses damals durchaus wagehalsige Experiment verband uns. Wir begannen, gemeinsam Ausstellungen fürs In- und Ausland zu konzipieren. Warum nicht den Bonus als beliebter Witzbold für politische Frechheiten nutzen? In der Folge machten wir 1982 zusammen den anspruchsvollen Auswahlband »Spitzen«.
Darin gruppierten sich neben den gestandenen »Eulenspiegel«-Zeichnern wie Büttner und Bofinger, Behling und Henniger, Rauwolf und Schrader um uns zwei Herausgeber bereits die jungen Newcomer Bauer und Forchner, Mueller und Schade. Ja auch Cleo Petra Kurze war auf der fraulichen Flanke bereits dabei: Damals Lebensgefährtin von Klaus Vonderwerth geworden, lebt sie zeichnerisch bis heute das in fröhlicher Farbigkeit aus, was er eigentlich am klassischsten im grafischen Schwarzweiß geleistet hat. Geradezu paradigmatisch für die Jahre 1990/91 mutet heute das an, was er in dieser heißen Umbruchzeit jeweils auf einer Halbseite der Illustrierten NBI zu Papier gebracht hat. Bitterböse kommentierte der über Nacht zum politischen Karikaturisten Gewordene das mit dem Gebilde DDR Woche für Woche Geschehende - bis zum bitteren Ende sowohl der DDR wie der NBI.
Schade drum, dass außer ein viel zu kleines Heftchen der Landeszentrale für politische Bildung Potsdam von 2004 keine Publikation diesen zeichnerisch komprimierten bissigen Geschichtskommentar der staunenden Nachwelt überliefert.
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