BUND: Atomkraftwerke sind vor Terror nicht sicher
Umweltschutzorganisation legt Studie zur Sicherheit deutscher Meiler im Fall von Anschlägen vor / Belgische Medien: Brüsseler Terrorzelle habe Atomforscher ausspioniert
Berlin. Die deutschen Atomkraftwerke sind nach Einschätzung der Umweltorganisation BUND nicht ausreichend gegen Terrorangriffe geschützt. Die vorgesehene Vernebelung der Gebäude, die gezielte Angriffe aus der Luft verhindern soll, schütze die Reaktoren nur minimal, heißt es in einer Studie der Diplomphysikerin Oda Becker, die am Donnerstag bei einem BUND-Kongress in Berlin präsentiert wurde. Der künstliche Nebel, der ohnehin nur an zwei Standorten installiert worden sei, »mindert (...) die Trefferwahrscheinlichkeit eines Flugzeugs nur unwesentlich«.
Relativ einfach durchführbar wäre der Studie zufolge auch der Absturz eines mit Sprengstoff beladenen Hubschraubers. In diesem Fall drohe eine »erhebliche radioaktive Freisetzung«, weil die Kraftwerke nicht gegen eine solche Detonation ausgelegt seien. Auch das Einschleusen von Tätern werde durch die Zuverlässigkeitsprüfungen der Belegschaft nicht vollständig verhindert - und dürfte schwerwiegende Folgen haben.
Für den BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger sind die jüngsten Anschläge in Brüssel daher ein weiterer Anlass für den sofortigen Verzicht auf die Atomkraft. »Es ist notwendiger denn je, aus dieser Technik auszusteigen«, betonte Weiger zum Auftakt der Konferenz. Die Gesamtstudie zu aktuellen Problemen und Gefahren bei deutschen Atomkraftwerken hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bereits Anfang März präsentiert.
Das solch ein Szenario nicht abwegig erscheint, zeigen belgische Medienberichte. Die Brüsseler Terrorzelle stecke mutmaßlich hinter einem Spionageangriff gegen einen Atomforscher. Die beiden Selbstmordattentäter Ibrahim und Khalid El Bakraoui sollen nach Informationen der Tageszeitung »La Dernière Heure« als diejenigen Männer identifiziert worden sein, die eine heimlich vor dem Wohnhaus des Wissenschaftlers angebrachte Überwachungskamera abmontierten. Mit ihr waren Aufnahmen gemacht worden, die Anti-Terror-Fahnder im November bei Ermittlungen zu den Terroranschlägen im Paris entdeckt hatten. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich am Donnerstag zunächst nicht zu den laufenden Ermittlungen.
Bislang gilt als unklar, warum der belgische Nuklearspezialist ausspioniert wurde. Eine Theorie lautet, dass von ihm radioaktives Material für eine sogenannte schmutzigen Bombe erpresst werden sollte. Der Wissenschaftler arbeitet im belgischen Nuklearforschungszentrum CEN in Mol. Dieses ist einer der weltweit größten Hersteller von radioaktiven Isotopen für Krebstherapien.
Die Wohnung, in der die verdächtigen Videoaufnahmen gefunden wurden, hatte ein Terrorverdächtiger mit dem Namen Mohamed Bakkali angemietet. Dieser war Ende November in Zusammenhang mit den Terroranschlägen von Paris in Belgien festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. In der Wohnung in dem belgischen Ort Auvelais sollen auch Waffen und Sprengstoff gelagert worden sein. Nach Angaben des belgischen Sender RTBF wird Mohamed Bakkali in dem Testament des Selbstmordattentäters Ibrahim El Bakraoui erwähnt. Weitere Informationen zum Kontext der Namensnennung lieferte der öffentlich-rechtliche Rundfunk allerdings nicht.
Ein Sprecher der belgischen Atomaufsichtsbehörde AFCN hatte die Existenz der Überwachungsvideos am Mittwoch in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur als »ziemlich heftig« bezeichnet.
Bei den Selbstmordattentaten in Brüssel kamen am vergangenen Dienstag 31 Menschen ums Leben. 300 weitere wurden verletzt. Bei den Pariser Terroranschlägen am 13. November hatte es 130 Todesopfer gegeben. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.