Rechte Hooligan-Attacke löst Streit in Belgien aus

Wurde der Mob absichtlich durchgelassen? Demonstranten protestieren: »Der Faschismus wird nicht durchkommen« / Nationalistischer Antwerpener Bürgermeister distanziert sich nicht

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Ausschreitungen von rechtsradikalen Hooligans auf dem Brüsseler Börsenplatz haben in Belgien eine politische Diskussion entfacht. Etwa 400 Hooligans, Neonazis und Nationalisten hatten dort am Sonntagnachmittag eine friedliche Gedenkveranstaltung für die Opfer der Terroranschläge gestört. Sie hatten unter anderem »Alle gemeinsam gegen den Islamischen Staat« skandiert. Medien berichteten zudem von ausländerfeindlichen Slogans und vereinzelten Hitlergrüßen. Die Polizei setzte Wasserwerfer gegen die rechtsgerichteten Aufmarschierer ein. Die Rechtsradikalen skandierten auch: »Wir sind hier zu Hause« und »Wir sind Hooligans«. Einige warfen den Trauernden vor, »Komplizen der Terroristen« zu sein. Friedliche Demonstranten riefen zurück: »Der Faschismus wird nicht durchkommen.« Fernsehbilder zeigten auch gewaltsame Attacken gegenüber Migranten.

Zunächst hielten die Polizeieinheiten Abstand, dann griffen sie aber doch mit Wasserwerfern ein. Auch den Einsatzkräften warfen die Rechten vor, »Komplizen« der Dschihadistengruppe Islamischer Staat zu sein, die sich zu den Anschlägen bekannt hatte. In kleinen Gruppen zogen die Hooligans schließlich Richtung Nordbahnhof in Brüssel ab.

Bürgermeister Yvan Mayeur erhob am Abend im Sender RTL schwere Vorwürfe. Die Sicherheitsbehörden hätten ihn bereits am Vortag vor »400 Verrückten« gewarnt, die nach Brüssel kommen wollten. Er beschwerte sich darüber, dass die Polizei des Ortes Vilvoorde nördlich von Brüssel die Hooligans nicht aufgehalten habe. Über Vilvoorde war der Großteil der Unruhestifter überwiegend aus Antwerpen angereist. Auch dem Innenminister Jan Jambon warf Mayeur Nachlässigkeit vor.

In den Vorwürfen Mayeurs spiegelt sich die Zerrissenheit Belgiens mit seinem französischsprachigen Süden (Wallonie) und dem Niederländisch sprechenden Norden (Flandern). Der Brüsseler Bürgermeister ist französischsprachiger Sozialist. Der Vilvoorder Bürgermeister Hans Bonte hatte zuvor erklärt, er habe den Mob bewusst passieren lassen, um »zu viel Frust« zu vermeiden. »In Abstimmung mit der Polizei und dem Sicherheitsdienst Securail haben wir entschieden, sie den Zug nehmen zu lassen.« Dies sei unter Aufsicht der Vilvoorder Polizei und in Abstimmung mit den Brüsseler Behörden geschehen. Laut Bonte handele sich um »rechtsextreme Hooligans verschiedener Fußballvereine der ersten Liga«. Die Störer kamen nach einem Bericht der Agentur Belga aus Antwerpen im Norden des Landes.

Zwar verurteilten die flämischen Christdemokraten, Liberalen, Grünen und Sozialisten die Vorfälle am Börsenplatz in einer Stellungnahme. Der Antwerpener Bürgermeister Bart De Wever verzichtete aber ausdrücklich auf eine Distanzierung. De Wever ist Vorsitzender der flämischen Nationalisten-Partei N-VA von Innenminister Jambon. Agenturen/nd

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