NS-Kontext »sehr weich gezeichnet«
Hat das Jagdmuseum in München seine Geschichte nun endlich aufgearbeitet?
München. Das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum in München muss sich erneut gegen Kritik an der Aufarbeitung seiner NS-Gründungsgeschichte wehren. Jürgen Vocke, Vorsitzender des Stiftungsrates des Museums und Präsident des Bayerischen Jagdverbandes, wies den Vorwurf zurück, in einer neuen Broschüre über die Geschichte des Hauses werde der NS-Kontext um die Gründung »sehr weich gezeichnet«. Der Historiker Hans Günter Hockerts hatte in der »Süddeutschen Zeitung« weiter kritisiert, wann immer eine kritische Einordnung nötig wäre, sei die Broschüre zu wenig offensiv.
»Das Einzige, was übernommen wurde in der Nachkriegszeit, war der Name«, sagte Vocke über das Museum. Der Name sei zudem um den Begriff »Fischerei« ergänzt worden und das Museum habe »eine völlig andere Konzeption« - es sei stark auf Kinder als Besucher ausgelegt.
Vocke bekräftigte frühere Ankündigungen, das Museum werde eine Ausstellung zum Thema schaffen, sobald es finanziell dazu in der Lage sei. »Dann ist das der nächste Plan: Dass wir mal den Begriff ›Jagd und Macht‹ bis zum heutigen Tag darstellen.« Auch hier solle es aber keineswegs nur um die Nazi-Zeit gehen.
Kurz nach Erscheinen der 120 Seiten starken Broschüre hatte der Historiker Hockerts der Zeitung gesagt: »Bei der Einordnung, der Bewertung der Fakten, wird es oft problematisch. Da wird der NS-Kontext, in dem das Jagdmuseum gegründet worden ist, sehr weich gezeichnet.« Die Broschüre wirke »viel zu gebremst und zaghaft«.
Die Autorin der Broschüre, Cornelia Oelwein, betonte, ihr Auftrag sei nie die Aufarbeitung der Nazi-Geschichte gewesen. »Es ist keine Broschüre über die Nazi-Vergangenheit, sondern es ist eine Broschüre über das ganze Museum.« Das Museum sei 1938 »natürlich eine NS-zeitliche Gründung« gewesen. Die Nazis hätten das Museum aber gar nicht für ihre Propaganda genutzt. Nur die Eröffnungsveranstaltung am 16. Oktober 1938 sei als »großdeutsches Fest« umgewidmet worden.
Schon zum 75-jährigen Bestehen des Museums im Jahr 2013 hatte die Kritik an seinem Umgang mit der NS-Vergangenheit Wellen geschlagen. Damals ging es um drei Hirschgeweihe aus dem Besitz von Hermann Göring, die an prominenter Stelle ausgestellt waren. Vocke ließ sie schließlich abhängen, sie verschwanden im Fundus. Bis heute meldeten sich Journalisten an, die die Geweihe fotografieren wollten, berichtete Vocke. »Die Hirsche können nichts dafür, dass Nazis sie erschossen haben.« dpa/nd
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