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Die Reform der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen bleibt weiter umstritten
Nachdem Polens Präsident Andrzej Duda im Januar das von der regierenden nationalkonservativen Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit) durchgesetzte Mediengesetz unterzeichnet hatte, ist es nun in Kraft. Ende März sollte noch ein zweites Mediengesetz folgen, aber das liegt bislang nur im Kulturministerium und über den Inhalt gelangten bislang nur spärlich Informationen an die Öffentlichkeit. Bekannt ist lediglich, dass die EU-Kommission gegen dieses zweite Gesetz intervenierte.
Schon das erste Mediengesetz, das in erster Linie die öffentlich-rechtlichen Medien betrifft, hatte die führende polnische Tageszeitung »Rzeczpospolita« als Erdbeben bezeichnet. Den Direktoren beim Fernsehen wurde gekündigt, andere Leiter baten gleich selbst um ihre Entlassung. Beim Hörfunk sah es nicht besser aus. Der gesamte Vorstand von Polskie Radio musste weg. Dafür kam dort zum Beispiel mit Barbara Stanislawczyk die neue Chefin aus dem Printbereich; sie hatte noch nie etwas mit Radio zu tun, gilt aber als regierungstreu.
Um das verstehen zu können, muss man sich mit der jüngsten Geschichte Polens beschäftigen. Nach PiS-Geschichtsauffassung haben sich ihre Leute aus dem rechtskonservativen Lager immer dem medienpolitischen Mainstream der jüngeren Vergangenheit verweigert. Sie gelten nun glorifizierend als die »Unbeugsamen«, werden zur Belohnung Führungskräfte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen oder dem Hörfunk. Ernannt werden sie durch den Schatzmeister der Regierung, Dawid Jackiewicz. Auch wenn sie offiziell nicht weisungsgebunden sind, sei der Einfluss der Regierung auf die Berichterstattung schon jetzt sichtbar, so Jacek Lepiarz von der Polnischen Nachrichtenagentur PAP. So hätten die Öffentlich-Rechtlichen über ein Treffen von Papst Franziskus mit dem Metropoliten Sawa, dem Oberhaupt der polnisch-orthodoxen Kirche, mehr als bislang üblich, ausführlich berichtet.
Lepiarz betont jedoch, dass es bei jedem Regierungswechsel in Polen, angefangen mit Mazowiecki gleich nach 1990, starke personelle Veränderungen in den Medien gegeben habe. Das bestätigt auch sein Kollege Bartosz Wielinski von »Gazeta Wyborcza«. Der Deutschlandkorrespondent der Zeitung sagt allerdings, dass es niemals so schlimm gewesen sei wie jetzt. Die Regierung führe schwarze Listen mit Leuten, die ihrer Meinung nach nicht loyal zur Regierung stehen. Erstellt werden diese Listen von »Spezialangestellten«, die täglich auch die Berichterstattung im Ausland nach »Verrätern« durchforsten, also nach Journalisten, die sich irgendwo in der Welt kritisch zur Regierungsführung der PiS äußern. Der Korrespondent des Senders TV Polska in Deutschland, Wojciech Szymanski, berichtet, dass bei Einstellungen Journalisten bevorzugt werden, die »im nationalen Interesse berichten und religiöse Werte vertreten«.
Es gibt aber durchaus auch andere Gewinner dieser medienpolitischen Farce: Die Zeitungsverleger können sich über steigende Verkaufszahlen und ein wachsendes Internet-Geschäft freuen, schließlich wollten die Leute zuverlässige Informationen - Informationen, die sie von den Öffentlich-Rechtlichen immer seltener erhalten. Zu den Gewinnern gehören auch deutsche Verlage wie Bauer, Springer und Burda. Sie kontrollieren 70 Prozent des Printmarktes, verfügen also schon über eine Art Monopolstellung. Zu fürchten hätten die nur die polnische Behörde für Wettbewerb. Doch solange die Medien in deutscher Hand auch deutschfeindlich berichten, wird das ihrem Geschäft keinen Abbruch tun, heißt es aus polnischen Journalistenkreisen.
Dass es keinen Widerstand bei den Journalisten gibt, liegt vor allem an den schwachen Gewerkschaften. Beim Journalistenverband sei es nicht viel besser und der sei zudem mit nationalkonservativen Regierungstreuen durchsetzt, sagt Lepiarz. Allgemein ist die polnische Gesellschaft schwach organisiert, zeichnet der Agenturmann ein wesentliches Charakteristikum. Eine Ausnahme war die Zeit, als die Gewerkschaft Solidarnosc gegen die Kommunisten kämpfte. Aber das ist lange vorbei.
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