Kohle statt Korallen
Australien vergibt Abbaurechte / Umweltschützer fürchten um das Great Barrier Reef
Noch im März ließ sich der australische Umweltminister Greg Hunt persönlich über das nördliche Great Barrier Reef fliegen, um den Schaden zu begutachten, den die derzeit deutlich wärmeren Meerestemperaturen an den Korallen anrichten. Nur wenig später belegten erste Analysen, dass alarmierende 95 Prozent des nördlichen Great Barrier Reefs von einer Korallenbleiche betroffen sind. 50 Prozent der betroffenen Korallen sollen schon völlig abgestorben sein.
Gleichzeitig wurde am Sonntagabend bekannt, dass die Regierung des Bundesstaates Queensland, in dem auch das Great Barrier Reef liegt, Minenpachten an die indische Bergbaugruppe Adani vergeben hat. Diese soll ab dem kommenden Jahr in der Carmichael-Mine im Galilee Basin Kohle abbauen: Der Plan ist, über 60 Jahre hinweg 60 Millionen Tonnen pro Jahr für den Export nach Indien zu fördern. Laut Greenpeace würde dies einem Ausstoß von 121 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr entsprechen - viermal so viel, wie Neuseeland im gleichen Zeitraum emittiert.
Eine eigene Bahnlinie soll den fossilen Brennstoff vom Landesinneren zum Hafen Abbot Point an der Ostküste Australiens transportieren, um ihn von dort durch die Riffregion nach Indien zu transportieren. Mehrere Tausend Arbeitsstellen sollen dadurch geschaffen werden. Laut der Regierung des Bundesstaates hat das Projekt über 200 Auflagen erhalten, um die lokale Fauna und Flora, Wasserreserven, indigene Bewohner und das Riff zu schützen.
»Unfassbar«, schrieb dagegen die entsetzte Aktivistengruppe GetUp auf Facebook. »Das Great Barrier Reef stirbt vor unseren Augen.« Aber die Regierung in Queensland habe offenbar entschieden, dass es trotzdem eine »gute Zeit« sei, »eine Minenpacht für die Carmichael-Kohlemine zu erteilen«.
2015 war das Great Barrier Reef gerade noch einmal mit einer »gelben Karte« von der UNESCO davongekommen. Das weltberühmte Riff entging im Juli knapp der sogenannten Roten Liste, auf der gefährdete Weltkultur- und Weltnaturerben aufgeführt werden. Doch die UNESCO, welche die Liste führt, gab Australien »Hausaufgaben« auf, darunter die als dringend eingestufte Verbesserung der Wasserqualität. Am Ende des Jahres muss die australische Regierung einen Bericht vorlegen, der zeigt, wie und ob die geplanten Schutzmaßnahmen umgesetzt worden sind. Doch schon jetzt warnte das australische Institut für Meeresforschung (AIMS), dass die Ziele für die Wasserqualität am Riff nicht erfüllt werden können. Die momentanen Bemühungen reichten einfach nicht aus, sagte Frederieke Kroon vom AIMS dem staatlichen Sender ABC.
Umweltgruppen, Forscher und auch die indigene Bevölkerung der Region haben bereits angekündigt, den Kampf gegen die Kohlemine noch lange nicht aufzugeben. Neben dem Schaden für die Region, das Great Barrier Reef und das weltweite Klima zweifeln viele auch den wirtschaftlichen Sinn des Projekts an. Nicht umsonst haben laut Greenpeace schon 14 internationale und australische Banken die Finanzierung der Mine abgelehnt - aus umweltpolitischen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen. Denn die Kohlepreise sind durch die schwindende Nachfrage aus China in den vergangenen Jahren in den Keller gestürzt.
Zwischenzeitlich hatte auch der Oberste Gerichtshof in Australien einen Stopp der Mine erwirkt, doch beim Thema Kohleabbau reichen sich die beiden großen Parteien in Aus- tralien die Hände: Während die aktuelle Vergabe der Minenpacht von der regionalen Labor-Regierung ausgeht, unterstützt auch die konservative Regierung unter Premier Malcolm Turnbull die Industrie. Sein Vorgänger Tony Abbott sprach nicht umsonst einst die Worte: »Kohle ist gut für die Menschheit.«
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