Pirinçci nähert sich dem Höcke-Flügel
Umstrittener Schrifsteller findet im neurechten Verlag Antaios eine neue publizistische Heimat
Akif Pirinçcis Abstieg in die rechtslastigen Gefilde lässt sich am leichtesten anhand seiner Karriere als Schriftsteller nachvollziehen: Während seine manchmal blutigen, aber dafür politisch völlig harmlosen, Katzenkrimis noch von einer Buchverlagstochter des Branchenriesen Bertelsmann herausgegeben wurden, hätte es für Fans des Autors ein Warnhinweis sein können, dass seine späteren Werke eben nicht mehr bei Institutionen wie Goldmann oder Heyne erschienen. Für Pamphlete mit solch eindeutigen Titeln wie »Deutschland von Sinnen« und »Die große Verschwulung« griff Pirinçci auf den einer breiten Öffentlichkeit unbekannten Manuscriptum-Verlag zurück. Die Zusammenarbeit zwischen dem sich nun zunehmend reaktionären Denkmustern zuwendenden Schrifsteller und Manuscriptum war nicht zufällig.
Pirinçcis Hasstirade »Deutschland von Sinnen« erschien in der Verlagsreihe »Lichtschlag in der Edition Sonderwege«, für die sich seit 2013 ein gewisser André F. Lichtschlag verantwortlich zeichnet, wie die »Zeit« bereits 2014 berichtete. Von hier war es nur ein kurzer Weg in die Reihen der Neuen Rechten: Lichtschlag ist gleichzeitig Herausgeber des rechten Monatsmagazins »eigentümlich frei«, von dem aus es wiederum Verbindungen zu anderen neurechten Publikationen wie dem Internetblog »Politically Incorrect« und »Sezession« gibt, worauf allein die zahlreichen Überschneidungen der Autoren hinweisen.
Doch selbst Manuscriptum war die Zusammenarbeit mit Pirinçci offenbar zu heiß geworden, nachdem der Schriftsteller mit einem wirren Pegida-Auftritt im Oktober vergangenen Jahres und einer mehrdeutigen Äußerung über die Konzentrationslager der Nazis für heftigen Wirbel sorgte. Pirinçci war stand seitdem ohne Verlag da, doch auf seine Freunde aus der Neuen Rechten konnte er sich letztlich verlassen.
Pirinçcis neuestes Werk mit dem Titel »Umvolkung: Wie die Deutschen still und leise ausgetauscht werden« erscheint am 21. April im Verlag Antaios. Dessen reaktionäres Weltbild deckt sich mit denen des umstrittenen Schriftstellers. Seine neue publizistische Heimat könnte Pirinçci indes als Aufstieg in die erste Reihe der Neuen Rechten interpretieren, gehört Antaios doch dem Verleger Götz Kubitschek - seines Zeichens nicht nur Verleger und Pegida-Redner, sondern auch Bekannter des AfD-Fraktionschefs Björn Höcke.
Entsprechend heroisch inszeniert der Verlag seinen prominenten Neuzugang: »Pirinçci ist der bisher letzte Autor, dessen Werk in Deutschland vollständig vernichtet werden sollte«, behauptet Antaios in einer Mitteilung. Im neuen Buch werde mit der »Erpressung von Medienhippies« und einem »realitätsfernen Humanismus« aufgeräumt.
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