Bund-Länder-Programm für Uni-Nachwuchs zu klein
GEW: Fünf Milliarden Euro zusätzlich für 5000 neue Hochschullehrer notwendig
Ende vergangenen Jahres rang sich die Bundesregierung zu einer Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes durch. Damit sollen die Karrierewege unterhalb der Professoren-Ebene künftig verlässlicher werden und prekäre Beschäftigungsverhältnisse seltener. Diese Reform reicht allerdings nicht aus, um die Lehre an den Hochschulen nachhaltig zu verbessern, wie die GEW gestern in Berlin betonte. »Wir brauchen an den Universitäten zusätzlich mindestens 5000 Tenure-Track-Professuren. Nur dann kann der Bedarf an zusätzlichen Hochschullehrerinnen und -lehrern gedeckt werden. Und nur so können Bund und Länder einen wirksamen Impuls für die Schaffung verlässlicher Karrierewege geben«, sagte der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller. Der aus dem englischen Sprachraum stammende Begriff »Tenure-Track« beschreibt den Qualifizierungsweg für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler innerhalb einer Universität, durch den sie die Chance haben, nach einer befristeten Bewährungszeit eine Stelle auf Lebenszeit als Hochschullehrer zu erhalten.
Bund und Länder planen für die Einstellung von 1000 neuen Hochschullehrern ab 2017 Mehrausgaben von einer Milliarde Euro ein. Laut Keller ist das zu wenig, notwendig wären fünf Milliarden Euro. Der Hochschulexperte der GEW bezog sich dabei auf eine Studie, die Anke Burkhardt vom Institut für Hochschulforschung in Halle-Wittenberg im Auftrag der GEW erstellt hat. In ihren Berechnungen kommt Burkhardt zu dem Schluss, dass die Zahl der Professorenstellen an den deutschen Hochschulen und Universitäten bis zum Jahr 2026 von derzeit knapp 24000 auf rund 42000 erhöht werden müsse. Grundlage der Berechnungen ist die Empfehlung des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2008, das Betreuungsverhältnis zwischen Professur und Studierenden von derzeit 1 zu 70 auf 1 zu 40 zu verbessern, um die Qualität der Lehre zu verbessern. Um diesen Bedarf zu sichern, so Burkhardt müssten zusätzlich 5700 Tenure-Track-Professuren eingerichtet werden. 50 Prozent der Stellen, so Keller, müssten mit qualifizierten Wissenschaftlerinnen besetzt werden.
Allerdings ersetze ein solches Programm für den wissenschaftlichen Nachwuchs nicht »die überfällige substanzielle Verbesserung bei der Grundfinanzierung der Hochschulen«, betonte Keller.»Bevor Bund und Länder grünes Licht für eine Fortsetzung der milliardenschweren Exzellenzinitiative geben, müssen sie die Weichen für eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulen stellen.« Die Zukunft der Exzellenzinitiative und das geplante Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wird auch Thema der Beratungen der Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern am heutigen Freitag in Berlin sein. Anfang des Jahres hatte ein vom Schweizer Physiker Dieter Imboden geleitetes Expertengremium u.a. eine weitere Konzentration der Finanzmittel auf wenige ausgewählte Unis und Einrichtungen empfohlen. Kritiker befürchten hierdurch eine weitere Aufspaltung des Hochschulsystems.
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