Gewerkschaften: Mehr Solidarität gegen Klassenspaltung

Bundesweit hunderte Kundgebungen der DGB-Organisationen / Integration der Geflüchteten ein Schwerpunktthema / Hoffmann: Wollen auch ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus setzen

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Die Gewerkschaften wollen ihre 1.-Mai-Demonstrationen in diesem Jahr für ein Zeichen der Solidarität nutzen. Es gehe um mehr Zusammenhalt zwischen arbeitenden Menschen, Generationen, Einheimischen und Flüchtlingen, Schwachen und Starken, hieß es im Aufruf zum Tag der Arbeit an diesem Sonntag. Die Antwort auf die Ankunft Hunderttausender Kriegs- und Terrorflüchtlinge dürfe keinesfalls Ausgrenzung sein, heißt es im Aufruf zum 1. Mai. Außerdem wollen die Gewerkschafter gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen auf die Straße gehen. In den Betrieben dürfe es keine Zwei-Klassen-Gesellschaft mit Stammbelegschaft und schlechter bezahlten Leiharbeitern geben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat den Tag der Arbeit in diesem Jahr unter das Motto »Zeit für mehr Solidarität« gestellt.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann kündigte an, bei den bundesweiten Kundgebungen auch ein Signal gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu setzen und sich deutlich von der AfD abzugrenzen. Hoffmann tritt bei der Hauptveranstaltung in Stuttgart auf. Weitere Gewerkschaftskundgebungen gibt es unter anderem in Krefeld mit dem ve.rdi-Vorsitzenden Frank Bsirske und in Düsseldorf mit dem IG Metall-Vorsitzenden Jörg Hofmann. Der Tag der Arbeit am 1. Mai wird seit fast 130 Jahren von der internationalen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung begangen.

In Berlin wollen bei der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor unter anderem der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin-Brandenburg, Doro Zinke, reden. In Potsdam eröffnet der DGB-Regionsgeschäftsführer Detlef Baer die Kundgebung auf dem Alten Markt vor dem Landtag. Weitere Aufzuge sind unter anderem in Hennigsdorf (Oberhavel), Frankfurt (Oder), Schwedt (Uckermark) und Cottbus geplant.

In Thüringen sind Demonstrationen und Kundgebungen in rund 20 Städten geplant. Nach dem Überfall von etwa 40 Rechten auf die Maikundgebung vor einem Jahr in Weimar hat der DGB Hessen-Thüringen die Klassikerstadt für seine zentrale Veranstaltung auserkoren. »Der 1. Mai ist unser Tag«, betonte die Bezirksvorsitzende Gabriele Kailing. Es gehe um eine sozial gerechte und solidarische Gesellschaft, in der »gute Arbeit, gute Bildung und soziale Sicherheit für alle Menschen da sind«. Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei betonte: »Wir müssen den Menschen die Angst vor Abstieg und Ausgrenzung nehmen.« Vor einem Jahr war es zu einem Überfall von Neonazis auf die Kundgebung in Weimar gekommen.

In Sachsen-Anhalt sind am Sonntag ebenfalls mehr als 20 Veranstaltungen mit Kundgebungen und Familienfesten geplant. »Am 1. Mai demonstrieren wir für mehr Solidarität - zwischen den arbeitenden Menschen, den Generationen, Einheimischen und Flüchtlingen, Schwachen und Starken«, heißt es im Aufruf der Gewerkschaft. Auch die IG Metall und die IG Bau stehen hinter der Einladung. Unter anderem soll es bei den Mai-Festen um den Kampf gegen Lohndumping und den Missbrauch von Leiharbeit gehen. SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Steppuhn will in Stendal eine Rede halten.

In Mecklenburg-Vorpommern begehen die Gewerkschaften den 1. Mai mit zahlreichen Veranstaltungen im ganzen Land. In Neubrandenburg und Waren werden Demokratiefeste gefeiert. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) spricht auf einer Kundgebung in Torgelow (Landkreis Vorpommern-Greifswald). In Schwerin will Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) ihren ersten Auftritt nach dreimonatiger Babypause absolvieren. Der DGB plant in der Landeshauptstadt Aktionen auf mehreren innerstädtischen Plätzen. Es hatte gerichtliche Auseinandersetzungen gegeben, weil die Stadt der NPD einen Platz zugewiesen hatte, den auch die Gewerkschaften wollten. Der DGB zog bis vor das Oberverwaltungsgericht und verlor.

In Rheinland-Pfalz und im Saarland sind Kundgebungen in mehreren Städten angesetzt. Zur zentralen DGB-Veranstaltung in Ludwigshafen hat sich neben dem Bezirksvorsitzenden Dietmar Muscheid Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) angekündigt. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley kommt nach Koblenz (11.00 Uhr), Ex-CDU-Sozialminister Heiner Geißler nach Trier (11.00 Uhr). In Mainz spricht der Geschäftsstellenleiter der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, Lars Kreer. Ein Schwerpunktthema ist laut DGB die Sicherung des Rentenniveaus. Im Zentrum stünden auch Leih- und Zeitarbeit und der Missbrauch von Werkverträgen, sagte Muscheid der Deutschen Presse-Agentur. Hinsichtlich der erwarteten Teilnehmerzahlen wollte sich ein DGB-Sprecher zunächst nicht festlegen. Im vergangenen Jahr waren nach seinen Angaben in Rheinland-Pfalz und im Saarland etwa 14.000 Kundgebungsbesucher gezählt worden, 4.000 davon in Saarbrücken.

In Bayern sind mehr als 100 Kundgebungen der Gewerkschaften geplant. Die Hauptveranstaltung ist in Ingolstadt. Dort sprechen der Vorsitzende des DGB Bayern, Matthias Jena, sowie Bayerns evangelischer Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Die stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern, Verena Di Pasquale, hält ihre Rede zum Tag der Arbeit in Landshut. Außerdem sprechen der Bundesvorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, Alexander Kirchner, in München und Bayerns IG Metall-Bezirkskeiter Jürgen Wechsler in Amberg. Der Tag der Arbeit steht für die Gewerkschafter heuer unter dem Motto »Zeit für mehr Solidarität«. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -