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Stufenweise mehr Geld

Gewerkschafter kritisieren den aktuellen Tarifabschluss der Metallindustrie als zu niedrig

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Lange Streiks sind der Branche erspart geblieben - die Tarifparteien haben sich auf eine mehrstufige Lohnerhöhung geeinigt. Es gibt jedoch relativ große Schlupflöcher.

Zwei Wochen nach Beginn einer ersten Warnstreikwelle ist der Tarifkonflikt 2016 zwischen der IG Metall und den Arbeitgeberverbänden für die Metall- und Elektroindustrie faktisch beendet. In der Nacht zum Freitag einigten sich die Verhandlungspartner in Köln für den mitgliederstärksten Bezirk Nordrhein-Westfalen auf einen Tarifabschluss, der wohl Pilotcharakter für die gesamte Branche haben dürfte.

Der Abschluss sieht ab dem 1. Juli 2016 in einer ersten Stufe eine Anhebung der Löhne und Gehälter um 2,8 Prozent vor. In einer zweiten Stufe folgt ab 1. April 2017 ein Plus von zwei Prozent. Für April bis Juni 2016 wurde eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro vereinbart. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags beträgt 21 Monate und endet zum 31. Dezember 2017. Die IG Metall hatte in dieser reinen Lohnrunde ursprünglich fünf Prozent mehr Gehalt bei einer zwölfmonatigen Vertragslaufzeit gefordert.

In der Branche arbeiten bundesweit rund 3,8 Millionen Beschäftigte. Der Flächentarif gilt allerdings nach Angaben aus der IG Metall-Zentrale uneingeschränkt nur für knapp 60 Prozent der Beschäftigten. In etlichen Betrieben gibt es Haustarifverträge, viele Firmen - vor allem in Ostdeutschland - haben sich durch Tarifflucht der Tarifbindung entzogen oder ohnehin nie nach Tarif bezahlt. Als besonders starke Bezirke mit gewerkschaftlichen Bastionen gelten neben NRW auch Baden-Württemberg und Bayern.

Da es für die Metall- und Elektro-Branche keine zentralen Tarifverhandlungen gibt, sind nun die Unterhändler in weiteren 15 Tarifbezirken am Zuge. In einigen Regionen wurde bereits am Freitag verhandelt. Bis Redaktionsschluss hatten bereits Hessen, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Baden-Württemberg und Bayern den Abschluss übernommen. In anderen Bezirken stehen in der kommenden Woche Verhandlungen an.

Die IG Metall hatte bis einschließlich Donnerstag befristete Warnstreiks organisiert, um mit deutlicher Kampfbereitschaft den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen. Daran hatten sich nach Gewerkschaftsangaben insgesamt rund 760 000 Beschäftigte beteiligt. Als nächste Eskalationsstufe waren 24-stündige Arbeitsniederlegungen angekündigt, die anders als kurze Warnstreiks in der noch florierenden Branche spürbare Auswirkungen gehabt hätten. Doch dazu wird es jetzt wohl nicht mehr kommen.

Neben Tariferhöhung und Einmalzahlung wurde nach IG-Metall-Angaben eine »Differenzierungsklausel« in den Vertrag aufgenommen. Sie soll die Möglichkeit dafür schaffen, dass Betriebe »in wirtschaftlichen Schwierigkeiten« die beschlossene Einkommenserhöhung verschieben können, wenn sich die Tarifparteien binnen eines Monats darauf verständigen. Wie oft diese Klausel unter dem Druck einzelner Firmenleitungen Anwendung finden wird, bleibt abzuwarten. Im Pilotbezirk Nordrhein-Westfalen etwa gibt es viele klein- und mittelständische Metall- und Elektrobetriebe.

Nach dem Abschluss lobte Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger das Gesamtergebnis als »vernünftigen Kompromiss« und die Differenzierungsklausel als Beginn einer »Trendwende« weg vom Flächentarif. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sprach von einer »deutlichen Erhöhung der Realeinkommen« und einem »fairen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg«.

Demgegenüber kritisierte ein Betriebsratsvorsitzender bei einem hessischen Autozulieferer gegenüber »nd« den Abschluss als »Katastrophe« und »Augenwischerei«. Eine Bruttolohnerhöhung von rund 61 Euro für die unteren Lohngruppen (Bruttoverdienst von 2200 Euro) sei nach Abzügen keine Kaufkrafterhöhung und nach langen Jahren der Lohnzurückhaltung kaum ein Tropfen auf den heißen Stein. »Dafür kannst du nicht einmal mit der Familie essen gehen«, so der Metaller. Er bemängelte, die zweifellos vorhandene starke Kampfkraft der Gewerkschaftsmitglieder sei faktisch nicht zum Zuge gekommen. Zudem seien der Gewerkschaft durch die lange Laufzeit die Hände gebunden. Kommentar Seite 2

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