Rechter Feldzug gegen kroatische Medien
Kritische und engagierte Journalisten zunehmend unter Druck der herrschenden Nationalkonservativen
Die rechte Koalitionsregierung in Kroatien setzt die Medien unter starken Druck. Das war sogar den Botschaftern mehrerer EU-Staaten, darunter Deutschlands und Österreichs, ein besorgtes Treffen zur Medienfreiheit in ihrem Gastland wert. Vizepremier Tomislav Karamarko, dessen nationalkonservative Demokratische Union (HDZ) die Mehrheit in der seit Januar 2016 herrschenden Koalition hat, trat schon vor zwei Jahren für ein Verbot öffentlicher Kritik am ersten kroatischen Präsidenten, Franjo Tuđman, sowie am Unabhängigkeitskrieg ein. Heftiger Nationalismus war das Gebot der Stunde.
Die Situation in den Medien sei also »beunruhigend, aber nicht überraschend«, meint der Mediensoziologe Hajrudin Hromadžić im »nd«-Gespräch. »Überraschend kann nur die Intensität sein, mit der die herrschenden Politiker sich seitdem auf die Medien stürzen. Es wurde ein ›ideologischer Kulturkrieg‹ angeheizt, wie er seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre nicht zu sehen war.« Der Experte war Mitglied des Rates für nicht auf Gewinn ausgerichtete »Nonprofit-Medien«, den die frühere linksliberale Regierung eingerichtet hatte.
Gerade dieser kleine Mediensektor entwickelte sich in den letzten Jahren stark und offenbarte ein großes kritisches und engagiertes Potenzial. So schaffte der neue Kulturminister Zlatko Hasanbegović in seiner ersten Amtshandlung im neuen Amt den Rat und damit auch die staatliche Finanzförderung für diesen Sektor ab.
»Es folgten unglaublich umfassende Säuberungen im öffentlichen Rundfunk. Ausgewechselt wurde das gesamte redaktionelle Führungspersonal. Es wurden eine Reihe von Sendungen abgeschafft und gleichzeitig national-patriotische und religiöse Inhalte im konservativen Sinne durchgesetzt«, so Hromadžić. Einen Angriff auf den Schriftsteller und Journalisten Ante Tomić im März verurteilte das Kulturministerium zwar, fügte aber die provokante Mahnung hinzu, der Fall »erinnert an die Wichtigkeit der Verantwortung für öffentlich geäußerte oder geschriebene Wort«.
Auch damit führt Hasanbegović einen Kulturkampf für die Schaffung eines »neuen nationalen Paradigmas«. In der 90er Jahren verehrte er demonstrativ kroatische Ustascha-Faschisten, die im Zweiten Weltkrieg Hunderttausende Serben, Roma, Juden und Antifaschisten ermordeten. Die Kirche spielt mit: Der Zagreber Erzbischof Josip Bozanić warnte in seiner Osterpredigt vor dem »Übel, das über die Medienwelt herrschen möchte« - und meinte damit Kritiker.
Den Journalisten Goran Borković erinnert Kroatien »immer mehr an Polen und Ungarn, Staaten, die als Teil eines Cordon Sanitaire gegen Russland immer weniger Europa ähneln«. Sein Land gleiche immer mehr »Regimen unter der Führung von Autokraten, die am liebsten nicht nur die Medien, sondern die ganze Kultur kontrollieren wollen«, sagt er. Ihr Ziel sei es, dass nur das bleibe, was »neue europäische Rechte« genannt werde. Mediengleichschaltung, meint der Journalist, werde mit Unterstützung von Präsidentin Kolinda Grabar Kitarović durchgesetzt, die als HDZ-Kandidatin im Februar 2015 ins Amt kam. Sie setzte Zeichen schon während der Feier zur Amtseinführung, als sie rechtextremistische Vertreter als VIP-Gäste lud. Später relativierte sie antiserbische Vorfälle und Feindlichkeiten mit der Erklärung, dass die Satire der linken serbischen Minderheitszeitung »Novosti« »Gefühle des kroatisches Volkes beleidigt« habe. Die besorgten Botschafter belehrte sie: »Sie können und dürfen sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Aufenthaltslandes einmischen.« Auch die Präsidentin, betont Borković, habe sich in den Dienst des »neuen nationalen Paradigmas« gestellt.
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