Trump-Gegner protestieren gegen Wahlkampfauftritt
Polizei setzt Wasserwerfer und Tränengas ein / US-Milliardär sammelt im Bundesstaat Washington weitere Delegiertenstimmen ein / US-Unternehmen legen sich mit Immobilienmogul an / Schriftsteller protestieren mit offenem Brief
Los Angeles. Gegner des republikanischen US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump haben am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Albuquerque im Bundesstaat New Mexico Steine und Flaschen auf die Polizei geworfen. Die Protestierenden versuchten nach Angaben der Polizei am Dienstag, das Tagungszentrum der Republikaner zu stürmen. Die Polizei setzte Pfefferspray und Rauchbomben ein, um die Menge auseinanderzutreiben.
In New Mexico gibt es sehr viele Gegner Trumps. Der republikanische Bewerber für das höchste US-Staatsamt hatte angeregt, an der Grenze zu Mexiko eine Mauer hochzuziehen, mexikanische Einwanderer hatte er pauschal als Vergewaltiger und Drogenhändler verdächtigt. Ferner schlug er vor, rund elf Millionen illegale Einwanderer, die keine offiziellen Aufenthaltstitel haben, des Landes zu verweisen.
Trump trat in Albuquerque vor rund 4000 Menschen auf. Er wurde laut einem Bericht des »Albuquerque Journal« häufig von Protestrufen unterbrochen. Die Polizei hinderte die Gegendemonstranten außerhalb des Tagungszentrums daran, in das Gebäude einzudringen.
Bei Vorwahlen im Bundesstaat Washington kam Trump, der einzige übriggebliebene Bewerber im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, nach Informationen der Fernsehsender NBC und CNN nach Auszählung von zwei Dritteln der Stimmen auf einen Stimmenanteil von rund 76 Prozent.
Es ist davon auszugehen, dass Trump bei weiteren Vorwahlen am 7. Juni die Marke von 1237 Delegiertenstimmen für seine Nominierung problemlos überspringt. Die Nominierung soll im Juli in Cleveland im Bundesstaat Ohio über die Bühne gehen.
Lasst die Spiele beginnen
Unterdessen schießt der milliardenschwere Populist weiter um sich. In einem Wahlkampfspot rührt er tatsächliche und angebliche sexuellen Fehltritte von Hillary Clintons Ehemann und Ex-Präsidenten Bill wieder auf. In dem Werbespot sind die Stimmen zweier Frauen zu hören, die behaupten, von Bill Clinton sexuell belästigt worden zu sein. Beide Fälle liegen Jahrzehnte zurück. Über Soziale Netzwerke veröffentlichte Trump das Video unter der Frage »Is Hillary really protecting women?«
Auch den Selbstmord eines Clinton-Beraters aus den 1990ern stellt er so in den Raum, dass Clinton in ein schlechtes Licht gerät. Als »very fishy«, »ziemlich schlüpfrig« bezeichnete er den Selbstmord von Vince Foster, einem ehemaligen Berater von Präsident Bill Clinton. Der Jugendfreund Clintons hatte sich 1993 mit einer Pistole in den Mund geschossen. Fünf unterschiedliche Untersuchungen bestätigten die Suizid-Annahme. Clinton hält sich mit Gegenschlägen noch zurück.
Für Technik-Unternehmen hingegen könnte der Immobilienmogul mittlerweile zu einem unberechenbaren Risiko geworden sein. Der US-Präsidentschaftsbewerber droht beispielsweise Apple und Amazon ganz unverhohlen: »Glaubt mir, wenn ich Präsident werde, oh dann haben sie Probleme«, polterte Trump im Februar bei einer Wahlkampfveranstaltung in Texas. Die Drohung richtete sich an den weltweit größten Online-Händler Amazon und dessen Chef Jeff Bezos. Zuletzt erklärte er im US-Sender Fox News, Amazon habe ein »riesiges Monopol-Problem« und müsse kartellrechtlich belangt werden.
Zu Apple sagte Trump, er wolle den Konzern zwingen, in den USA zu produzieren. »Wir werden Apple dazu bringen, ihre verdammten Computer [...] in diesem Land zu bauen.« Als sich Apple-Chef Tim Cook einen Kampf mit dem FBI um das Knacken des iPhones eines mutmaßlichen Terroristen lieferte, gab es weitere Breitseiten: »Boykottiert Apple, bis sie das Passwort rausrücken«, zürnte Trump - obwohl er eigentlich wissen musste, dass Apple gar nicht auf das Passwort zugreifen kann.
Indirekt geriet auch Facebook ins Fadenkreuz des Milliardärs. Der Gründer des sozialen Netzwerkes, Mark Zuckerberg, hatte im April vor »ängstlichen Stimmen« gewarnt, die dazu aufriefen, Mauern zu bauen und Menschen auszugrenzen. Ein Seitenhieb gegen Trump und dessen Wahlversprechen, Einwanderer durch den Bau einer Mauer an der Grenze mit Mexiko fernzuhalten. Wenig später geriet Facebook dann in den Verdacht, konservative Stimmen in den eigenen Nachrichtenkanälen zu unterdrücken.
Das brachte auch Zuckerberg unter Druck. Um die Wogen zu Glätten, lud der 31-Jährige Politiker und Journalisten aus dem rechten Lager am vergangenen Mittwoch ins Facebook-Hauptquartier im kalifornischen Menlo Park ein. Auch ein Wahlkampf-Koordinator von Trump soll dabei gewesen sein. Der Siegeszug des umstrittenen Kandidaten, der seinen Erfolg nicht zuletzt Tech-Innovationen wie den sozialen Medien verdankt, bringt die Größen des Silicon Valleys in die Defensive.
Der Widerstand formiert sich
Dass der New Yorker Milliardär im Silicon Valley nicht sonderlich beliebt ist, ist kein Geheimnis. So berichtete die »Huffington Post« im März von einem Treffen, an dem unter anderem Google-Gründer Larry Page, Tesla-Chef Elon Musk und auch Tim Cook teilgenommen haben sollen. Bei dem Treffen könnte es auch darum gegangen sein, einen Weg zu finden, um Trump als Präsidenten zu verhindern, mutmaßt das Blatt. Musk widersprach dem und twitterte, es sei bei dem Treffen nicht um Trump gegangen.
Allerdings formieren sich immer mehr Prominente gegen den Immobilienmogul. Unlängst haben in einem offenen Brief mehrere hundert Autoren gegen Donald Trump protestiert. »Der Aufstieg eines politischen Kandidaten, der bewusst die niederträchtigsten und gewalttätigsten Elemente einer Gesellschaft anspricht, der seine Unterstützer zu Gewalt animiert, der seine Gegner niedermacht, Andersdenkende einschüchtert und Frauen und Minderheiten herabwürdigt, erfordert von und allen eine sofortige und energische Reaktion«, heißt es darin. Zu den Unterzeichnern gehören Stephen King, David Eggers (»The Circle«) und der Pulitzerpreisträger Junot Díaz. Die Online-Petition wurde innerhalb weniger Stunden von etlichen weiteren Menschen unterzeichnet.
Die Wirtschaft scheint Trump mit seinen Anfeindungen immer weiter zu vergraulen, so dass mehr und mehr Großspender ins andere Lager wechseln. Ohnehin scheint seine Aussage, unabhängig und selbstfinanziert zu bleiben, für den mehrfachen Milliardär mittlerweile nichts anderes mehr zu sein, als ein dehnbares Versprechen. Am Dienstag hielt er seine erste Spendenveranstaltung ab. Zuvor hatte er Medienberichten zufolge bereits Zuwendungen einflussreicher Magnaten akzeptiert. Irritationen gab es auch um eine Benefiz-Veranstaltung für US-Veteranen. Trump hatte erklärt, sechs Millionen Dollar seien zusammengekommen. Eine Recherche der »Washington Post« ergab, dass Geld fehlte - unter anderem jene eine Million Dollar, die Trump aus eigener Tasche beisteuern wollte. Agenturen/nd
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