Rote Laterne geht nach Magdeburg

Viele Betriebe beschäftigen keine Schwerbehinderten

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Halle. In Sachsen-Anhalt beschäftigen 1200 Unternehmen keine Schwerbehinderten, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. Nach Angaben der Landesarbeitsagentur sind das knapp ein Drittel der Betriebe, die dies eigentlich tun müssten. Sie zahlten stattdessen eine Ausgleichsabgabe von bis zu 320 Euro pro Monat für jeden nicht besetzten Pflichtplatz. Firmen mit mindestens 20 Beschäftigten sind verpflichtet, fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Schwerbeschädigten zu besetzen.

Den jüngsten Zahlen zufolge sind derzeit in Sachsen-Anhalt 17 000 schwerbehinderte Menschen beschäftigt. Sie finden vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen und in der öffentlichen Verwaltung Arbeit. Arbeitslos gemeldet sind derzeit 4900 Schwerbehinderte. Mehr als ein Drittel ist älter als 55 Jahre.

Bei der Beschäftigtenquote von Menschen mit schweren Behinderungen liegt Sachsen-Anhalt im Ranking der Bundesländer auf dem letzten Platz: 3,6 Prozent der Arbeitsplätze in den Firmen sind mit Schwerbeschäftigten besetzt - statt der vorgegebenen fünf Prozent. Deutschlandweit liegt die Quote immerhin bei 4,7 Prozent.

Zugleich können nach Angaben der regionalen Arbeitsagentur Unternehmen in Sachsen-Anhalt auch in diesem Jahr Tausende Lehrstellen nicht besetzen. Nach Angaben der regionalen Arbeitsagentur konnten bei zuletzt etwa 11 000 gemeldeten Ausbildungsplätzen bei mehr als 6800 keine Azubis gefunden werden. »Wir haben über 500 freie Ausbildungsplätze in unserer Ausbildungsplatzbörse, wahrscheinlich sind es aber weitaus mehr, da sich ja nicht jeder Betrieb bei uns registrieren lässt«, sagte Jens Schumann von der Handwerkskammer Halle.

»Die Gründe sind vielgestaltig - die demografische Delle, das Bestreben von Eltern und Politik, möglichst alle zum Abitur zu führen, sind wohl die beiden wichtigsten«, sagte Schumann. Besonders das Nahrungsmittelhandwerk und die technologieorientierten Handwerke hätten Probleme, Nachwuchs zu gewinnen. »Erstere finden fast gar keine, letztere zumeist keine geeigneten Auszubildenden.«

»Die Ausbildungssituation ist in der Tat für viele Unternehmen dramatisch, wir haben einfach zu wenig Jugendliche im Land«, erklärte Simone Danek, Geschäftsführerin des Geschäftsfeldes Aus- und Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau. Nach einer Umfrage der IHK kann inzwischen im Schnitt schon jedes zweite Unternehmen in Sachsen-Anhalt nicht mehr alle angebotenen Lehrstellen besetzen. Betroffen von diesem Problem seien alle Branchen gleichermaßen.

Unbesetzt bleibe erfahrungsgemäß etwa ein Drittel der Ausbildungsplätze, sagte Torsten Scheer von der Industrie- und Handelskammer Magdeburg. Als Mangelbranchen sieht er Hotellerie und Gastronomie, Einzelhandel und Maschinenbau. »Wir sehen großes Potenzial in einer besseren Berufsorientierung der Schüler beispielsweise an den Gymnasien und einer entsprechenden Qualifikation der Lehrkräfte«, meinte er mit Blick auf mögliche Lösungen für das Dilemma.

Politik und Gesellschaft sollten die Rahmenbedingungen für die Allgemeinbildung verbessern, sagte auch Simone Danek. »Wenn die Ausbildungsreife der Schulabgänger stiege und deshalb deutlich weniger junge Menschen ihr Studium oder ihre Berufsausbildung abbrechen würden, dann wäre schon viel gewonnen.« dpa/nd

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