Regelungen gelten künftig auch für Schülerinnen und Studentinnen
Reform des Mutterschutzgesetzes
Das Gesetz soll künftig auch für Schülerinnen und Studentinnen gelten. Änderungen gibt es zudem bei den bisherigen Arbeitsverboten. »Mit der Reform passen wir den Mutterschutz an die heutigen Realitäten an«, kündigte die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) an. Nach Angaben ihres Ministeriums gibt es in Deutschland jedes Jahr rund 20 000 schwangere Studentinnen und Schülerinnen.
Das Vorhaben, den Mutterschutz auf diesen Personenkreis zu erweitern, war jedoch bei der Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) auf Widerstand gestoßen. Deshalb lagen die Pläne monatelang auf Eis. Letztlich verständigte sich die Regierungskoalition darauf, dass Ausnahmen von den strengen Schutzregelungen möglich sein sollen - etwa wenn eine schwangere Studentin kurz nach der Entbindung freiwillig eine wichtige Klausur schreiben möchte.
Welche Regelungen enthält das bisherige Mutterschutzgesetz?
Werdende Mütter dürfen in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nur mit Einwilligung beschäftigt werden - nach der Entbindung bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zum Ablauf von zwölf Wochen gar nicht.
Außerhalb dieser Schutzfristen sind bestimmte Arten der Beschäftigung verboten, wie etwa Akkord-, Fließband-, Mehr-, Sonntags- oder Nachtarbeit. Aufgrund eines ärztlichen Attestes können zudem individuelle Beschäftigungsverbote ausgesprochen werden. Während der insgesamt 14-wöchigen Mutterschutzfrist wird das Mutterschaftsgeld gezahlt.
Bei Beschäftigungsverboten außerhalb dieser Fristen gibt es den Mutterschutzlohn. Vom Beginn der Schwangerschaft an bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch das Unternehmen bis auf wenige Ausnahmen unzulässig.
Was ändert sich durch den beschlossenen Gesetzentwurf?
Der Mutterschutz gilt künftig auch für Schülerinnen, Studentinnen und Auszubildende. Sie können allerdings selbst entscheiden, ob sie den Mutterschutz voll in Anspruch nehmen oder sich von Pflichtveranstaltungen, Prüfungen oder Hausarbeiten freistellen lassen. Die Schutzfrist für Mütter behinderter Kinder wird von acht auf zwölf Wochen verlängert. Sonntagsarbeit soll künftig zulässig sein, wenn ein Arzt die Unbedenklichkeit attestiert. Neu geschaffen wird ein Kündigungsschutz für Frauen nach einer nach der zwölften Woche erfolgten Fehlgeburt.
Wie sieht es mit Beschäftigungsverboten aus?
Bislang bekommen Schwangere, die an ihrem Arbeitsplatz einer gesundheitlichen Gefahr ausgesetzt sein könnten, oft vorschnell ein Beschäftigungsverbot. Deshalb sollen Arbeitgeber die Situation der Schwangeren oder Stillenden aufgrund klarerer Rechtsvorgaben künftig realistisch einschätzen, um differenzierter zu reagieren. Dies kann in der Umgestaltung der Arbeitsbedingungen oder einem Wechsel des Arbeitsplatzes bestehen. Nur wenn es wirklich nötig ist, soll ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden.
Künftig soll es also keine Arbeitsverbote mehr gegen den Willen der Schwangeren geben, was in der Vergangenheit vor allem bei Ärztinnen häufig vorkam. Auch die Möglichkeit der Sonntagsarbeit wird erweitert, wenn die Betroffene das möchte. Die sechswöchige Schutzfrist vor der Geburt, in der die werdende Mutter nicht mehr arbeiten muss, soll ebenso bleiben wie das achtwöchige Beschäftigungsverbot nach der Entbindung. Für Mütter behinderter Kinder soll die Frist nach der Geburt von acht auf zwölf Wochen erweitert werden. Der Bundestag muss der Reform noch zustimmen.
Welche Reaktionen löste die Reform bei den Gewerkschaften aus?
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält das Reformpaket für nicht ausreichend. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack bemängelte, Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen würden nicht in das bundesgesetzliche Mutterschutzrecht einbezogen. »Das ermöglicht ohne Not Abweichungen vom einheitlichen Schutzstatus.«
Auch die Gewerkschaft ver.di forderte, alle erwerbstätigen Frauen müssten in das Mutterschutzgesetz einbezogen werden, nicht nur - wie jetzt vorgesehen - die arbeitnehmerähnlich Selbstständigen.
Die Bundesfamilienministerin versicherte unterdessen, sie wolle in den kommenden Jahren auch eine Lösung für selbstständige Frauen finden. Dies werfe allerdings neue Fragen auf. dpa/nd
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