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Auf der Suche nach Profil

Die SPD braucht zündende Wahlkampfthemen

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 4 Min.
Die SPD sucht nach Themen für den Bundestagswahlkampf und entdeckt das Potenzial von TTIP. Die Union diskutiert derweil über Steuersenkungen für Besserverdiener.

In der Großen Koalition werden die Absetzbewegungen des kleineren Partners immer verzweifelter. Am Montag sprach sich SPD-Chef Sigmar Gabriel gegen allzu schnelle Verhandlungen beim transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP aus, das in der Bevölkerung auf erhebliche Ablehnung trifft. »Es war falsch, dass die Bundeskanzlerin im Überschwang vor dem Obama-Besuch in Deutschland gesagt hat, wir können die Verhandlungen in jedem Fall in diesem Jahr abschließen - und das jetzt noch mal wiederholt hat«, sagte Gabriel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Merkel hatte am Donnerstag beim G7-Gipfel in Japan gesagt, die EU wolle das umstrittene TTIP-Abkommen mit den USA noch in diesem Jahr fertig verhandeln. Nun also kritisiert der Bundeswirtschaftsminister diese »Hauruck-Strategie«.

Dabei gilt Gabriel als überzeugter TTIP-Befürworter, der seine Partei nach harten Diskussionen auf das Abkommen einschwor. Auch wenn er dabei Zugeständnisse machen musste, etwa bei den privaten Schiedsgerichten, vor denen Investoren gegen Gesetze von Staaten klagen könnten, wenn sie ihre Investments gefährdet sehen. Seine Grundüberzeugung war bislang, dass in der deutschen Diskussion um TTIP »Ängste und Sorgen im Vordergrund« stünden, »während über die Chancen zu wenig gesprochen wird«. Jetzt aber bedient er diese Ängste und Sorgen. Gabriels Eiertanz ist der verzweifelte Versuch, der SPD wieder so etwas wie Profil zu geben. Nach zweieinhalb Jahren in der Großen Koalition wirkt die alte Dame blass. Auch wenn sich die SPD in vielen Punkten, wie etwa dem Mindestlohn oder der Rente mit 63, gegen die Union durchsetzen konnte, laufen ihr die Wähler in Scharen davon. Jüngste Umfragen sehen die Sozialdemokraten bei knapp 20 Prozent.

Bei der Bundestagswahl im Herbst 2017 droht ein Debakel. Das ist allen Beteiligten bewusst. Niemand will als Kanzlerkandidat Verantwortung übernehmen. Erst am Sonntag erklärte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD), der als Kandidat im Gespräch war, er werde in Brüssel bleiben. Offiziell will die Partei ihren Bewerber erst nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 präsentieren. Den ersten Zugriff hätte Gabriel, doch seine Beliebtheitswerte sind im Keller. In den kommenden Wochen will er sich mit Vertretern der SPD-Flügel treffen, um seine Strategie für den Wahlkampf vorzulegen. Die soziale Gerechtigkeit soll zum Dreh- und Angelpunkt werden.

Derzeit sucht die Parteispitze nach Themen, die sich für eine Profilierung eignen und geht so auf Konfrontationskurs zur Union. Wie beim umstrittenen Unkrautgift Glyphosat, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein. SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendrick verkündete Mitte Mai, dass sich die sozialdemokratisch geführten Ministerien gegen eine Verlängerung der EU-Genehmigung für das Herbizid ausgesprochen hätten. Deutschland müsste sich also in Brüssel der Stimme enthalten. Damit stellte sich die SPD gegen die Union, die eine Verlängerung der Ende Juni auslaufenden Zulassung befürwortet. Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) fiel aus allen Wolken. Ihm zufolge hatte man sich längst auf ein Ja zu Glyphosat in Brüssel geeinigt. War das Nein also ein sozialdemokratischer Schnellschuss? Der Verdacht liegt nahe, schließlich ist SPD-Chef Gabriel bekannt und berüchtigt für seine überraschenden Vorstöße und Meinungsumschwünge.

Die Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg in der vergangenen Woche stand noch unter dem Eindruck der SPD-Kehrtwende. Das in der Brandenburger Idylle beschlossene Integrationsgesetz könnte das letzte große Projekt der Koalition gewesen sein, glauben Beobachter. Zu dicht rückt die Bundestagswahl 2017. Denn auch die Union besetzt nun ihre Themenfelder. Vor wenigen Tagen dachte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) laut über eine Steuerreform nach. Mittlerweile sind die Pläne konkreter: »Die Wirtschaft brummt, die Löhne steigen, Arbeitsplätze entstehen«, sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Montag. »Statt immer neuer Sozialleistungen sollten wir nach 2017 endlich den hart arbeitenden Menschen wieder mehr von ihrem Lohn lassen und die Steuern senken.«

Unter anderem strebt man Änderungen beim Spitzensteuersatz an. So fordert der Wirtschaftsflügel der Union, der Spitzensteuersatz von derzeit 42 Prozent solle erst bei höheren Einkommen greifen. Derzeit liegt die entsprechende Lohnschwelle bei 53 000 Euro. Unionsfraktionschef Volker Kauder zeigte bereits Gesprächsbereitschaft.

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