Zu erwarten: Anschläge aller Art

Bundesinnenminister setzt auf den wachsamen Bürger / Orlando-Spur führt auch zur Sparkasse nach Düsseldorf

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Bundeskriminalamt prüft nach dem Massaker in Orlando mögliche Bezüge nach Deutschland. Derweil forderte der Bundesinnenminister von den Bürgern mehr Wachsamkeit.

Nach dem Attentat auf einen Nachtclub in Orlando (US-Bundesstaat Florida) dauern die Ermittlungen an. Dabei geht die US-Bundespolizei FBI selbst scheinbar absurden Spuren nach. Eine führt zur Sparkasse in Nordrhein-Westfalen. Der Vater des Attentäters Seddique Mateen, der aus Afghanistan in die USA eingewandert ist, war politisch aktiv. Er kündigte - laut »Washington Post« - in einer lokalen Fernsehsendung namens »Durand Jirga Show« seine Kandidatur für die afghanische Präsidentschaftswahl an. Zumindest bei einer Sendung im Jahr 2013 soll neben seine Mailadresse und der Telefonnummer auch eine Bankverbindung zur Stadtsparkasse Düsseldorf eingeblendet worden sein. Vor einem Jahr soll das Konto, auf dem nur 170 Euro eingegangen waren, aufgelöst worden sein.

Es handelt sich im Sinne der Ermittlungen vermutlich um eine Sackgasse. Doch sie zeigt zumindest, wie umfangreich die Daten sind, auf die Polizei und Geheimdienste in relativ kurzer Zeit zugreifen können und wie vernetzt die Dienste agieren.

Doch es zeigt sich: Trotz Vorratsdatenspeicherung, trotz neuer Software zum Sieben von elektronischer Kommunikation - der Faktor Mensch ist nicht zu ersetzen. Wohl deshalb appellierte Bundesinnenminister Thomas de Maizière an die Wachsamkeit der Bürger. Nötig sei eine »erhöhte Achtsamkeit, wenn sich Familienangehörige, Nachbarn oder Freunde radikalisieren«, sagte der CDU-Politiker der »Rheinischen Post«.

»Wir müssen uns inzwischen sowohl auf Einzelattentate als auch auf gemischte Anschläge wie in Paris und international koordinierte Terroranschläge vorbereiten, nicht mehr nur auf eines dieser Szenarien«, sagte de Maizière. Um anschließend nach Paris zu fliegen, wo Ende 2015 verheerende IS-Anschläge zu beklagen waren.

Dort nahm er an einer Sitzung des französischen Kabinetts teil. Mit seinem französischen Amtskollegen Bernard Cazeneuve legte er eine Schweigeminute in Gedenken an das zu Wochenbeginn bei Paris ermordete Polizistenpaar ein. Die beiden waren von einem Mann, der sich zur Terrororganisation Islamischen Staat bekannte, umgebracht worden.

Cazeneuves Chef, Präsident Francois Hollande, hatte am Vortage mit US-Präsident Barack Obama telefoniert. Beide waren sich einig, dass man angesichts der Bedrohung die Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste verstärken müsse. Nähere Informationen gab es dazu im Élysée nicht. »Frankreich und seine Verbündeten werden damit fortfahren, die Kraft ihrer Demokratien der Barbarei entgegenzustellen«, hieß es lapidar. Regierungschef Manuel Valls betonte die Notwendigkeit, Polizei und Nachrichtendiensten die notwendigen Mittel im Kampf gegen den Terrorismus zur Verfügung zu stellen.

Einen ähnlichen Tenor hatten auch die Beratungen der deutschen Innenminister, zu der de Maizière am Nachmittag hinzu stieß. Der derzeitige Vorsitzende und Gastgeber der Konferenz, Saarlands Innenminister Klaus Bouillon (CDU), hatte bereits nach den Anschlägen von Brüssel einen Ausbau der Videoüberwachung in Deutschland gefordert. Der Wert dieser Maßnahme ist jedoch nicht nur unter Politikern umstritten. Auch Fachleute bezweifeln zumindest den vorbeugenden Effekt. Weitere Themen der planmäßigen Innenministerkonferenz, die in in Perl und Mettlach stattfindet, waren steigende Wohnungseinbrüche sowie Strafverschärfungen nach Angriffen auf Polizisten. Auch über Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren wollte man reden. Kommentar Seite 4

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -