Gleichberechtigung von Kindern

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Interessiert man sich für freie alternative Schulformen und deren Pädagogik, kommt man um die antiautoritäre Pädagogik des britischen Pädagogen Alexander Sutherland Neill (1883-1973), kurz A. S. Neill, Gründer der Summerhill School in Leiston/Suffolk in Großbritannien, nicht vorbei. Diese gilt als weltweit älteste Schule, die auf eine Kinderdemokratie aufbaut. A. S. Neill startete zunächst 1921 in Hellerau/Sachsen mit der internationalen Schule »Neue Schule«, deren Mitstreiter sich an der damals zur Reformpädagogik zählenden Jugendbewegung orientierte. A. S. Neill, dem man eine außerordentlich harte Kindheit nachsagt, kritisierte schnell den puritanischen Idealismus dieser Schule, der sich unter anderem darin ausdrückte, dem Foxtrott zu versagen. Seine Idee war, Kindern »ihr eigenes Leben« leben zu lassen. Sie seien zu viel äußeren Anforderungen ausgesetzt und bräuchten für eine »gesunde« Entwicklung Selbstregulation. So wurde die Gewährleistung der »absoluten Freiheit« Maxime seines Erziehungskonzepts. Zum Beispiel sollten Kinder »herumhängen« können, wenn ihnen danach sei. Als Zeit der Erholung sei dies ein »notwendiger Bestandteil der Entwicklung ihrer Persönlichkeit«. (summerhillschool.co.uk)

Freiheit war für Neill keine »Zügellosigkeit«. Kinder wie Pädagogen hätten sich »gegenseitig zu achten« und sich an die selbst erstellten Regeln zu halten, die über die Jahre immer wieder gemeinsam reflektiert und korrigiert werden müssten. (forge.fh-potsdam.de) Dabei oblag die Hoheit in Fragen der Gesundheit, einschließlich des strikten Alkoholverbots sowie der Sicherheit und Verwaltung wie die Einstellung des Personals oder Festlegung von Schulgeld bei der Schulleitung. Folglich sind die durch Gewaltenteilung bestimmte Selbstverwaltung, freie Teilnahme am Unterricht, Aufhebung des Klassensystems, Anwendung sogenannter paradoxer Sanktionen und »private lessons« Bausteine des Konzepts. Letztere waren Anleihen aus der Psychoanalyse, die für Neill von Anfang an eine große Rolle spielte. Kam es beispielsweise zu einem Diebstahl, wurde der Dieb ermutigt, sich gezielt etwas zu nehmen.

Mit »besonders schwierigen« Kindern setzte sich A. S. Neill zu therapeutischen Sitzungen zusammen. Für Neill waren die Kinder zumeist durch eine restriktive Erziehung traumatisiert. Gleichberechtigung und freie Sexualität sollten zu einer gesunden Entwickelung beitragen. (summerhill.paed.com).

Zurück in England wurde 1923, zunächst in der Grafschaft Dorset, 1927 dann in Suffolk Summerhill gegründet. Heute leitet die Tochter Zoë Neill Readhead die Schule, die 2000 den Gerichtsprozess vor dem Independent Schools Tribunal gegen die Versuche gewann, den freien Unterricht abzuschaffen oder einzuschränken.

Die Pädagogik hat über Großbritannien hinaus ihre Anhänger. Zu den bekanntesten Schulmodellen gehört die 1968 gegründete Sudbury Valley School in Framingham/Massachusetts in den USA, die weltweit mehr als 30 Ableger hat. In Deutschland zählen sich die Demokratischen Schulen dazu. Lena Tietgen

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