Cox-Attentat: »Ein Faschist ermordet eine Sozialistin«

Linken-Politikerin Kipping: Labour-Politikerin wurde »aus nationalistischem Hass« getötet / »Unite Against Fascism«: Kein psychisch kranker Einzelgänger / Nach Attentat geht Suche nach politischem Hintergrund weiter

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Berlin. Nach dem Attentat auf die linke Politikerin Jo Cox in Großbritannien geht die Such nach weiteren Hinweisen auf einen rechtsradikalen Hintergrund des Mordes weiter. Renommierte US-Rassismusforscher hatten bereits frühzeitig auf die Verbindungen von Thomas M. zur einst größten Neonazi-Gruppe der USA hingewiesen - der National Alliance. Wie der »Spiegel« berichtet, habe die rechtsradikale Szene in den USA auf das Attentat »mit einer Mischung aus blutrünstigem Vergnügen« und »unglaublichen Beschimpfungen des Opfers« reagiert. Nach Angaben des britischen »Guardian« hat die Polizei in der Wohnung des Verdächtigen zudem Nazi-Symbole und rechtsextreme Schriften gefunden. Der »Daily Telegraph« hatte gemeldet, Thomas M. habe auch Schriften einer südafrikanischen Rassisten-Vereinigung bezogen.

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping erklärte zu dem Attentat, »sagen wir, wie es ist: Ein Faschist ermordet eine Sozialistin in einem Referendum, das unter rassistischen Vorzeichen stattfindet.« Der Tatverdächtige habe die Labour-Abgeordnete »aus nationalistischem Hass« getötet und sei kein isolierter Einzeltäter gewesen. Kipping verwies auf Fotos, die den mutmaßlichen Täter Thomas M. bei Aktionen der rechtsextremen ›Britain First‹ Partei zeigen. Kipping zeigte sich bestürzt über den Tod von Cox. Mit ihr habe »die britische und europäische Linke eine sehr mutige, warmherzige und engagierte Genossin verloren«.

Die britische Organisation »Unite Against Fascism« verwies ebenfalls auf die Nazi-Kontakte des Verdächtigen. Das Attentat könne »nicht als Einzelfall von jemandem mit psychischen Problemen behandelt werden«. Sabby Dhalu und Weyman Bennett von der Organisation forderten Ermittlungen wegen rechtsterroristischer Aktivitäten gegen ›Britain First‹ und Abspaltungen der rechten Gruppe. Es bestehe »kein Zweifel«, dass Jo Cox wegen ihrer Haltung zur Einwanderung und ihrer Solidarität mit Geflüchteten ermordet worden sei. Die Lehre aus der Geschichte laute, »dass wir Sozialdemokraten, Liberale, Sozialiste , Gewerkschafter, Juden, Muslime, Christen, Hindus, Sikhs, jene ohne Glauben, LGBT-Gemeinden und behinderte Menschen gegen Faschismus vereinigen müssen«, so »Unite Against Fascism«.

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Der mutmaßliche Attentäter von Cox, Thomas M., war am Samstag erstmals vor Gericht in London erschienen. Als der 52-Jährige nach seinem Namen gefragt wurde, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur PA: »Tod den Verrätern, Freiheit für Großbritannien«. Dies wird als Hinweis auf einen möglichen rechtsradikalen Hintergrund der Tat gedeutet - die ermordete Labour-Abgeordnete hatte sich für Flüchtlinge und gegen einen Austritt Großbritanniens aus der EU eingesetzt. Die britische Polizei konzentriere ihre Ermittlungen nach eigenen Angaben auf mögliche Kontakte zu rechtsextremen Gruppen, heißt es weiter. Der amtierende Polizeipräsident von West Yorkshire, Dee Collins, sagte, diese Ermittlungsrichtung habe Priorität, man nehme allerdings auch die Hinweise auf eine mögliche psychische Erkrankung des Täters ernst.

Der mutmaßliche Attentäter ist des Mordes, schwerer Körperverletzung und Waffenbesitzes beschuldigt. Er hatte Cox am Donnerstag in ihrem nordenglischen Heimatort Birstall auf offener Straße getötet, die Polizei spricht von einer »gezielten« Attacke. Der Angreifer feuerte mehrere Male auf die 41-Jährige und stach anschließend mit einem Messer auf sie ein. Wenig später erlag sie ihren Verletzungen. In der Öffentlichkeit wird vor allem auf die psychischen Probleme verwiesen, die der Attentäter haben soll. Dies wird aber zunehmend kritisiert, weil es die These vom verwirrten Einzeltäter bestärkt und die politischen Hintergründe der Tat vernebelt. Agenturen/nd

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