Unterstützung für Parteichef Corbyn bröckelt

Nur noch knappe Mehrheit der Basis ist laut Umfrage mit dem Labour-Vorsitzenden zufrieden / Neuer Streit nach Veröffentlichung eines Antisemitismusberichts

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London. Die Unterstützung in der britischen Labour-Partei für den unter Druck geratenen Vorsitzenden Jeremy Corbyn bröckelt laut einer Umfrage. Nur noch 51 Prozent der Befragten meinten, Corbyn mache einen guten Job, 48 Prozent waren gegenteiliger Ansicht. Noch Anfang Mai lag das Resultat der Befragung bei 72:27 Prozent, wie das Institut YouGov mitteilte.

Zugleich wird erwartet, dass in Kürze ein Gegenkandidat zu Corbyn auftreten und ein Machtkampf um die Führung ausbrechen wird. Ein enger Vertrauter Corbyns sagte am Freitag, er erwarte »in den nächsten Tagen« eine offene Herausforderung. Der linke Sozialdemokrat werde aber nicht zurücktreten.

Bisher hat lediglich die Abgeordnete Angela Eagle signalisiert, gegen Corbyn antreten zu können - eine offizielle Ankündigung vermied sie aber bislang. Der YouGov-Umfrage zufolge würde Corbyn bei einer Wahl der Parteibasis klar gegen Eagle gewinnen. Auch andere mögliche Kandidaten wie Tom Watson oder Dan Jarvis hätten im Moment keine Chance gegen den amtierenden Parteichef.

Corbyns Kritiker fürchten, mit dem Politiker an der Spitze eine mögliche Neuwahl zu verlieren. Zudem werfen sie dem 67-Jährigen vor, er habe sich beim EU-Referendum nicht mit genügend Nachdruck für einen Verbleib Großbritanniens in der Gemeinschaft eingesetzt. Laut der YouGov-Studie haben 90 Prozent der Labour-Mitglieder für einen Verbleib in der Europäischen Union gestimmt.

Der ohnehin politisch stark angeschlagene Corbyn sieht sich auch erneut mit dem Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert. Der Oppositionsführer habe sich »beleidigend« über Juden geäußert, sagte der britische Ober-Rabbiner Ephraim Mirvis am Donnerstag. Corbyn hatte bei der Vorlage eines Berichts zu antisemitischen Vorfällen in der britischen Labour-Partei am Donnerstag gesagt: »Unsere jüdischen Freunde sind nicht stärker verantwortlich für die Aktionen Israels oder der Regierung (von Ministerpräsident Benjamin) Netanjahu als unsere muslimischen Freunde für diejenigen diverser selbsternannter islamischer Staaten oder Organisationen.«

Der Bericht über antisemitische Vorfälle in der Labour-Partei soll dazu dienen, bei diesem Thema ein Stück voranzukommen. Der ehemalige Londoner Bürgermeister Ken Livingstone war Ende April vorläufig aus der Partei ausgeschlossen worden, weil er eine israelkritische Abgeordnete verteidigt und über Adolf Hitler gesagt hatte, er habe »den Zionismus unterstützt, bevor er verrückt geworden ist und schließlich sechs Millionen Juden getötet hat«.

Corbyns Bemerkungen bei der Vorlage des Berichts seien »verletzend, egal wie sie gemeint waren«, sagte Mirvis. Statt Vertrauen zur jüdischen Gemeinde aufzubauen, würden sie »voraussichtlich noch größere Bedenken« hervorrufen. Zu den Empfehlungen des Labour-Berichts gehört es, Hitler-, Nazi- und Holocaust-Vergleiche und anderweitige Anspielungen zu vermeiden.

Die Labour-Beauftragte für den Antisemitismusbericht, Shami Chakrabarti, verteidigte Corbyn und seine Äußerung. Gegenüber der BBC sagte sie, Corbyn sei missverstanden worden. Er habe denselben Vergleich wie sie in ihrem Bericht gemacht. »Nach meinem Verständnis hat er sich auf alle Staaten oder Organisationen bezogen, die sich selbst als muslimisch beschreiben würden.« Es sei nicht um einen Vergleich zwischen Israel und dem IS gegangen. Auch Corbyn selbst sagte, dass er einen solchen Vergleich nicht anstellen wollte. Agenturen/nd

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