Legida marschiert, schrumpft, droht
Mehr Gegendemonstranten als Rechtsradikale ein Leipzig / Aktionsnetzwerk sieht »ein gutes Zeichen der Solidarität« mit bedrohtem Grünen-Politiker
Update 17.35 Uhr: Zu Legida kommen nur rund 150 Rechtsradikale
In Leipzig haben sich am Samstag Anhänger des rechtsradikalen Bündnisses Legida versammelt. Zu dem Aufmarsch kamen nach Angaben der Studentengruppe »Durchgezählt« lediglich 140 bis 160 Teilnehmer. Angemeldet worden waren laut Stadtverwaltung 2.000. Laut dem Bündnis NoLegida waren es zwar »jämmerlich« wenig, aber es waren auch »jede Menge teils sehr bekannte Neonazis« darunter - es seien Rechtsradikale mit SS-Tattoos gesehen worden, auch habe es Drohungen gegen die Gegenproteste und Journalisten gegeben. Der Aufzug der Rechten kam auch nicht weit: Dank der Proteste »wurde dann auch die Marschstrecke auf ein Minimum eingeschmolzen«. Es sei »ein gutes Zeichen der Solidarität mit Jürgen Kasek und anderen« gewesen, »die durch rechte Hetze und Gewalt bedroht bzw. Opfer derer wurden«. Am Gegenprotest beteiligten sich nach Angaben »Durchgezählt« mindestens 300 Menschen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Auch ein Polizeihubschrauber kreiste über dem Stadtzentrum.
Legida-Anhänger rufen zur Gewalt auf
Berlin. Das rechte Legida-Bündnis will am Samstag in Leipzig aufmarschieren - im Vorfeld machen deren Anhänger im Internet aggressiv Stimmung. Das Aktionsnetzwerk »Leipzig nimmt Platz« hat dagegen zu Protesten aufgerufen - Motto: »Solidarität mit allen Betroffenen rechter Hetze und Gewalt«. Wie die Stadt mitteilte, werden dazu rund 200 Menschen erwartet. Ihr Protest richtet sich gegen einen Aufmarsch von Rechten, die eine Attacke auf einen Legida-Ordner politisch instrumentalisiert, um gegen »Deutschenfeinde« Front zu machen. Im Zentrum der »Hetzjagd«, wie es bei »Leipzig nimmt Platz« heißt, steht der Grünen-Politiker und Rechtsanwalt Jürgen Kasek. Neonazis verbreiten im Internet seine Adresse und die von Familienangehörigen und rufen zu Gewalt auf, so das Aktionsnetzwerk. Kasek selbst twitterte am Freitag, er »habe in den letzten Stunden viele üble Drohungen und Gewaltaufrufe von Nazis erhalten. An euch: ihr beeindruckt mich nicht.«
Blauhelmtruppen nach Sachsen
Der sächsische Grünenchef Jürgen Kasek ist zur Zielscheibe von Rechtsradikalen geworden - Eine Mitverantwortung tragen AfD und CDU
Der Angriff auf den Legida-Ordner »selbst und die Hintergründe dieser Tat sind bislang unbekannt«, so das Bündnis. Dennoch versuchen seit Tagen rechte und neonazistische Internet-Seiten diesen Vorfall zu instrumentalisieren, »um mehr oder weniger unverhohlen zu Gewalt aufzurufen«. Am Samstag war auf der Facebook-Seite von Legida unter anderem, »ohne Gewalt« würden »uns die von der Merkel gerufenen Sozialschmarotzer aber nicht mehr verlassen«. Oder: »Solange das Wischiwaschi nicht aufhört, steckt der Stricherantifant sein Köpfchen immer weiter raus.« Legida bezeichnete den Grünenpolitiker und die gegen Neonazis engagierte Zivilgesellschaft als »Kasek und seine Sturmabteilung«.
Am Montagabend war ein 37-Jähriger vor seiner Haustür angegriffen und schwer verletzt worden. Laut Polizei sind die Täter unbekannt. Bei »Leipzig nimmt Platz« heißt es dazu, Neonazis würden »in beängstigender Weise versuchen«, von der Verletzung eines Menschen zu profitieren - sie würden sich dabei aber selbst entlarven: »als von Hass getriebene Menschen, die vor Gewalt nicht zurückschrecken. Ihre Botschaft ist Hass und ihr Ziel ist, Angst zu säen.«
In einem Appell haben sich inzwischen zahlreiche Menschen mit Kasek solidarisiert. Der »ist schon länger eine Zielscheibe rechten Hasses. Der junge Grünenpolitiker und Rechtsanwalt setzt sich zusammen mit vielen anderen dafür ein, dass Sachsen ein lebenswerter Ort für alle bleibt«, so der Aufruf. »Das aktuelle Geschehen steht exemplarisch dafür, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft bewegt, wenn nicht alle konstruktiven Kräfte an einem Strang ziehen«, heißt es darin weiter. »Gewalt ist dabei kein Teil der Lösung sondern Teil des Problems.« nd
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!