Ausverkauf der DDR: Ost-Beauftragte lässt Treuhand erforschen
SPD-Politikerin Gleicke: Studie soll Erfahrungen von Privatisierern und Mitarbeitern früherer volkseigener Betriebe berücksichtigen
Berlin. Die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke, will das Wirken der Treuhand nach der Wiedervereinigung wissenschaftlich analysieren lassen. Wie die »Mitteldeutsche Zeitung« berichtet, hat sie 21 Jahre nach der Schließung der Treuhand eine Studie in Auftrag gegeben, die die Wahrnehmung der damals Beteiligten aufgreifen soll. »Ich habe immer wieder erlebt, wie auch betont sachliche Aussagen zur Treuhandanstalt höchst emotionale Reaktionen hervorriefen«, sagte sie zur Begründung.
Die Treuhandanstalt war von 1990 bis 1995 damit beauftragt, die volkseigenen Betriebe DDR zu kapitalistischen Unternehmen zu machen. Ein großer Teil der DDR-Industrie verschwand damals. Auch wegen der damals gestiegenen Arbeitslosigkeit hat die Treuhand bei vielen Ostdeutschen keinen guten Ruf und das ist noch milde ausgedrückt. Zahlreiche Skandale, Vorwürfe der Bereicherung auf Kosten des früheren Staatseigentums, Ausschaltung potenzieller Konkurrenten – die Liste der Kritik an der Treuhandanstalt ist lang.
Die »Zeit« nannte sie einmal »Das unzähmbare Ungeheuer« und die am meisten gehasste Institution in den neuen Ländern. In einer 3Sat-Dokumentation über den »Ausverkauf der DDR« hieße es vor wenigen Jahren, »den Menschen in der DDR etwas davon zurückzugeben, was sie in 40 Jahren erarbeitet haben - das war ursprünglich die Idee hinter der Treuhand. Am Ende blieben horrende Schulden.«
»Die einen empfinden die Arbeit der Treuhand als falsch oder unzureichend oder überhaupt nicht gewürdigt, die anderen machen die Treuhand für die damals erlittene Arbeitslosigkeit, für zahlreiche falsche Weichenstellungen oder gleich komplett für die De-Industrialisierung des Ostens verantwortlich«, sagte Gleicke. Bei vielen präge sie auch die Sicht auf die aktuelle Situation des Ostens, fügte Gleicke hinzu.
In der Studie sollen die unterschiedlichen Sichtweisen gleichberechtigt nebeneinander gestellt werden. Beauftragt wurde nach Angaben der Zeitung der Historiker Constantin Goschler von der Ruhr-Universität Bochum. Er soll die Einschätzungen ehemaliger Treuhand-Mitarbeiter, von Unternehmern, die an der Privatisierung beteiligt waren, und von Mitarbeitern früherer volkseigener Betriebe einholen. Ergebnisse sollen im Sommer 2017 vorliegen. Agenturen/nd
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