Auf Cameron folgt May
Scheidender Premierminister will sein Amt bereits am Mittwoch aufgeben / Bisherige Innenministerin soll neue Regierungschefin werden
London. Innenministerin Theresa May wird nach den Worten des scheidenden britischen Regierungschef David Cameron bis Mittwoch seine Nachfolgerin. »Wir werden bis Mittwochabend in diesem Gebäude einen neuen Premierminister haben«, sagte Cameron am Montag vor seinem Amtssitz in der Downing Street in London. Nach dem überraschenden Rückzug ihrer Rivalin, Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom, war May die einzige verbleibende Kandidatin für die Nachfolge Camerons. Die neue Regierungschefin wird die Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der EU führen müssen.
Bereits in der vergangenen Woche hatte May eine Abstimmmung der Torie-Fraktion im unterhaus klar für sich entschieden. Die amtierende Innenministerin sicherete sich 199 Stimmen ihrer Fraktionskollegen, für Leadsom votierten lediglich 84 Parlamentarier.
Die 59-jährige May führt die Achtung ihrer Fraktion auf ihre Erfahrung als Ministerin zurück: Da habe sie Stetigkeit und Kompetenz bewiesen. Dabei scheint es den Brexiters nichts auszumachen, dass May bei der EU-Volksabstimmung im Remain-Lager blieb. Anders als Cameron und Finanzminister George Osborne hielt sie sich in Deckung, forderte als Konzession nach rechts sogar den Austritt aus dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Diese Organisation ist zwar kein EU-Organ, aber das wissen nur die wenigsten Brexit-Freunde. Ihren Bewunderern gilt May als knallharte Verhandlungspartnerin, die vor Angela Merkel und Jean-Claude Juncker nicht in die Knie gehen würde. Die Vorrechte der Londoner City will May trotz des bevorstehenden EU-Austritts keineswegs preisgeben. Eine Liberale ist May nicht: So weigert sie sich, in Britannien wohnenden EU-Staatsbürgern das Bleiberecht auf der Insel nach dem Brexit zu garantieren - egal, ob sie etwa als Firmengründer für Arbeitsplätze sorgen oder das Gesundheitswesen vor dem Kollaps retten. Offenbar betrachtet May EU-Ausländer als Manövriermasse. Bei Tory-Mitgliedern dürfte das ihre Beliebtheit erhöhen.
Die oppositionelle Labour-Partei forderte vergeblich Neuwahlen. »Es sieht jetzt so aus, als werden wir eine Krönung von Theresa May sehen, anstatt eines richtigen Wahlkampfs um den Tory-Vorsitz«, sagte der Abgeordnete Jon Ashworth. Die grüne Abgeordnete Caroline Lucas sagte, es sei inakzeptabel, dass die Person, die das höchste Amt Großbritanniens bekleide, von 60 Prozent der Tory-Fraktion bestimmt werde.
Cameron kündigte seinen Rücktritt an, nachdem die Briten bei einem Referendum am 23. Juni mehrheitlich für den Austritt Großbritanniens aus der EU gestimmt hatten. Die Konservative Partei setzte dann ein Verfahren an, bei dem zunächst die Parlamentsabgeordneten unter allen Bewerbern zwei auswählen sollten. Eigentlich hätten nun die rund 150.000 Parteimitglieder der Tories in einer Urwahl über die beiden verbliebenen Kandidatinnen befinden sollen. Das Ergebnis der Mitglieder-Abstimmung sollte am 9. September verkündet werden. Agenturen/nd
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