Pekings Neun-Striche-Linie blieb vor Gericht ohne Akzeptanz

Haager Schiedshof sieht «keine rechtliche Grundlage» für etwaige historische Rechte Chinas in Seegebieten gegenüber den Philippinen

  • Mathias Peer, Bangkok
  • Lesedauer: 2 Min.
China erleidet eine juristische Niederlage im Südchinesischen Meer. Der Ständige Schiedshof in Den Haag weist Pekings Ansprüche zurück. Die Philippinen begrüßten das Urteil, China will es ignorieren.

Eine internationale Schiedsinstanz hat Chinas Ansprüche auf weite Teile des Südchinesischen Meeres am Dienstag als unrechtmäßig zurückgewiesen. Es gebe «keine rechtliche Basis für China», das Gebiet aus historischen Gründen für sich zu reklamieren, heißt es in dem rund 500 Seiten langen Urteil des Ständigen Schiedshofs in Den Haag. Mit seinem Verhalten auf See habe China zudem die Hoheitsrechte der Philippinen verletzt.

Die Entscheidung ist für die Regierung in Peking ein schwerer Rückschlag. «Der Schiedsspruch ist noch dramatischer als erwartet und eine Blamage für China», kommentierte Rory Medcalf, Leiter des National Security Colleges in der australischen Hauptstadt Canberra. «Für Chinas Bild in der Weltöffentlichkeit ist die Entscheidung ein schwerer Rückschlag», sagte auch Armin Reinartz, der den Konflikt für die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung in Bang-kok beobachtet. Staatspräsident Xi Jinping kündigte an, das Urteil ignorieren zu wollen.

China beruft sich auf eine Landkarte aus dem Jahr 1947, auf der das Land mit der sogenannten Neun-Striche-Linie fast das komplette Südchinesische Meer für sich reklamiert.

Die Regierung in Peking untermauert ihre Sichtweise seit einigen Jahren mit dem Bau von künstlichen Inseln in der Region und vertreibt außerdem Fischer anderer Länder aus dem Gebiet.

Damit stößt das Land auf den Widerstand mehrerer Anrainerstaaten: Auf die Gebiete erheben auch Malaysia, die Philippinen und Vietnam Anspruch. Philippinische Demons-tranten vor der chinesischen Botschaft in Manila forderten Pekings Rückzug aus den umstrittenen Gebieten im Südchinesischen Meer. «China, verschwinde aus dem philippinischen Meer», stand auf einem ihrer Plakate.

Alexander Manzano, einer der Demonstranten, erklärte vor der Botschaft den wartenden Journalisten: «Ich habe in dem Meer 40 Jahre lang gefischt und darf es nun plötzlich nicht mehr. »Die Chinesen blocken uns ab.« 2012 habe Chinas Marine die Kontrolle über das Scarborough-Riff übernommen, vor dem Manzano auf Fischfang ging. Daraufhin setzten die Philippinen das Verfahren in Den Haag in Gang, aus dem sie nun als Sieger hervorgingen. Der Schiedsspruch ist rechtlich bindend. Die Haager Richter können China aber nicht zur Umsetzung zu zwingen.

Droht nun ein gewaltsamer Konflikt? Er würde Unternehmen weltweit treffen. Durch das Meer werden jedes Jahr Güter im Wert von mehr als fünf Billionen Dollar transportiert. Eine Eskalation ist laut Alan Dupont, Professor für Internationale Sicherheit an der australischen Universität von New South Wales, nicht auszuschließen: »Der Konflikt hat alle Anzeichen, das größte Sicherheitsproblem für Südostasien seit dem Vietnamkrieg zu werden.«

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