Daumenschrauben für Spanien und Portugal

EU-Finanzminister beschließen Sanktionsverfahren wegen überhöhter Haushaltsdefizite

Defizite über der Drei-Prozent-Marke sind in der EU nicht selten. Als erste sollen nun Spanien und Portugal dafür bezahlen.

Jetzt wird es ernst für Spanien und Portugal: Der Rat der EU-Finanzminister hat am Dienstag ein Sanktionsverfahren gestartet, an dessen Ende Geldbußen in Milliardenhöhe stehen könnten. Beide Staaten hätten die Haushaltsvorgaben wiederholt nicht eingehalten, heißt es in einer Erklärung der EU-Ressortchefs. Die Anstrengungen zur Haushaltssanierung seien »deutlich hinter den Empfehlungen zurückgeblieben«.

2015 belief sich das Defizit in Spanien auf 5,1 und in Portugal auf 4,4 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Neuverschuldung soll in den EU-Staaten drei Prozent nicht überschreiten, außer in Extremsituationen wie Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen. Höhere Defizite sind in der EU keine Seltenheit. So zählt das Ifo-Institut in einer aktuellen Aufstellung 114 Fälle, in denen diese nicht zulässig waren. Auch wurden schon mehrere Defizitverfahren eröffnet, darunter gegen Deutschland. Jetzt aber hat der Ministerrat auf Empfehlung der EU-Kommission erstmals ein »verschärftes« Verfahren eröffnet. In Brüssel und einigen Hauptstädten ist man sauer, weil Spanien und Portugal Verabredungen nicht einhielten. Spaniens Regierung hatte versprochen, das Defizit 2015 auf 4,2 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken, und wird auch in diesem Jahr verabredete Ziele nicht erreichen.

Die EU-Kommission hat nun 20 Tage, um dem Ministerrat Empfehlungen für Strafen vorzulegen. Sie könnten sich auf maximal 0,2 Prozent des BIP belaufen - im Falle von Spanien wären dies bis zu zwei Milliarden Euro. Auch das Einfrieren von Strukturmitteln ist möglich. Spanien und Portugal könnten binnen zehn Tagen noch einen »begründeten Antrag zur Reduzierung der Strafen einreichen«, hieß es weiter. Der Rat hat danach weitere zehn Tage Zeit, um Strafen zu beschließen.

Die EU-Kommission hatte bereits durchblicken lassen, dass sie, anders als etwa von Deutschland gewünscht, eine eher milde Gangart vorzieht, um das Wirtschaftswachstum nicht zu gefährden. Die Strafe könnte sich laut EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici auch auf Null belaufen. »Ich bin sicher, dass wir am Ende ein kluges Ergebnis haben werden«, erklärte der slowakische Finanzminister Peter Kazimir als Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft.

Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos erklärte, eine Strafe wäre »einfach Unsinn«. Dennoch kündigte er bereits Maßnahmen zur Defizitverringerung wie die Anhebung der Körperschaftsteuer für Unternehmen und den intensivierten Kampf gegen Steuerhinterziehung an.

Von einem »Schmierentheater« sprach der Europaabgeordnete Fabio De Masi (LINKE). »Strafen für vermeintliche Defizitsünder sind so absurd wie Koma-Patienten Blut abzuzapfen.«

Die andere Krisenbaustelle, die Kreditprobleme italienischer Banken, sparten die Finanzminister lieber aus. Auch hier gibt es in der EU große Differenzen. Seite 16

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