Rot-rot-grüne Kritik an der Rückkehr von Mr. Brexit

Ernennung von Boris Johnson als Außenminister Großbritanniens stößt bei SPD, Linkspartei und Grünen auf Ablehnung / Premierministerin May: »Zeit großen nationalen Wandels«

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Berlin. Die Ernennung des Brexit-Propagandisten Boris Johnson zum neuen britischen Außenminister kann nach Ansicht der Grünen und der SPD die britischen EU-Austrittsverhandlungen belasten. Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Matthias Höhn, sagte, die Ernennung von Johnson sei »ein denkbar schlechtes Signal: ins eigene, politisch gespaltene Land und nach Europa«. Die Wahl »ist ein sehr schlechtes Signal für den Austrittsprozess und lässt Zweifel an den Fähigkeiten der neuen Premierministerin aufkommen«, sagte auch Fraktionschef Anton Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur. Parteichefin Simone Peter sagte, Johnson werde in Europa und darüber hinaus »sein launenhaftes Unwesen treiben« - das sei »kein gutes Signal« für die Zusammenarbeit der Europäer mit Großbritannien. Mit der Ernennung habe die Premierministerin und Parteichefin der Konservativen Theresa May »den Bock zum Gärtner gemacht«, sagte Grünen-Chefin Peter. Johnson werde sowohl die Tory-Partei als auch die Briten weiter spalten.

Der ehemalige Londoner Bürgermeister Johnson, der sich bisweilen wenig diplomatisch präsentiert, hatte sich für den Brexit stark gemacht und als Favorit für die Nachfolge des zurückgetretenen britischen Premierministers David Cameron gegolten. Überraschend hatte er sich doch nicht für den Posten beworben. Seine Berufung als Außenminister wurde teils mit Überraschung aufgenommen. Kritik äußerten auch die Sozialdemokraten. »Frau May wirkt schwächer durch eine solche Personalentscheidung«, sagte der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner. Johnson sei bisher nicht als herausragender Diplomat in Erscheinung getreten. »Jetzt verhandelt er den Brexit. Gute Reise!«, meinte Stegner. Für Großbritannien und die EU dürften harte Zeiten anbrechen.

Premierministerin May setzte am Mittwochabend zudem den EU-Austrittsbefürworter David Davis als »Brexit-Minister« ein. Die Regierungschefin stellte ihren Landsleuten eine »kühne, neue, positive Rolle« des Landes in der Welt in Aussicht. Damit ist er der britische Chefunterhändler in den Verhandlungen mit Brüssel. Auch Davis zählt zu den prominenten Vertretern des »Leave«-Lagers, die vor dem Referendum am 23. Juni für ein Ausscheiden des Königreichs aus der EU geworben hatten. Der bisherige Außenminister Philip Hammond übernimmt in der neuen britischen Regierung das Amt des Finanzministers. Der bisherige Finanzminister George Osborne scheidet laut einer offiziellen Mitteilung aus der Regierung aus. Neue Innenministerin ist Amber Rudd, neuer Verteidigungsminister Michael Fallon, neuer Minister für internationalen Handel Liam Fox.

May ist die zweite Frau an der Spitze der britischen Regierung seit Margaret Thatcher. Jahrelang galt May als EU-Skeptikerin, schloss sich vor dem Referendum aber dem Lager der EU-Befürworter an. Nach dem Votum erklärte sie, sie wolle den Brexit zu einem »Erfolg« für Großbritannien machen. Wann sie das offizielle Austrittsgesuch in Brüssel einreicht, ist noch unklar.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte May auf, sie solle den EU-Austritt schnell offiziell machen. »Nach dem Referendum steht uns eine Zeit großen nationalen Wandels bevor«, sagte May kurz nach ihrer Ernennung am Amtssitz in der Londoner Downing Street. »Da wir Großbritannien sind, weiß ich, dass wir dieser Herausforderung gewachsen sein werden«, sagte die 59-Jährige. Nach dem EU-Austritt werde Großbritannien »in der Welt eine kühne, neue, positive Rolle« übernehmen, sagte May. Zugleich machte sie deutlich, dass sie sich für den Zusammenhalt des Königreiches einsetzen wolle. »Wir glauben an die Union, das wertvolle Band zwischen England, Schottland, Wales und Nordirland«, sagte die neue Premierministerin. Das Land solle nicht »für einige, wenige Privilegierte, sondern für uns alle arbeiten«.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon erklärte, May habe gesagt, »Brexit heißt Brexit«. Dies könne sie für England und Wales sagen, wo die Mehrheit für den EU-Austritt gestimmt habe, nicht aber für Schottland. »Für uns gilt: Bleiben heißt Bleiben.« Agenturen/nd

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