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Alien on Speed

Alan Vega ist verstorben

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn man sich das Cover des Debütalbums anschaut, weiß man schon Bescheid: ein mit Blut gemaltes, oder besser: hingerotztes Action-Painting, darüber der in seine Einzelteile zerfallende Schriftzug »Suicide« (Selbstmord), darüber schwebt ein roter fünfzackiger Stern.

Als sich Anfang der 70er Jahre in New York das Improvisations- und Kunstperformance-Duo Suicide gründete, war dessen Sänger Boruch Alan Bermowitz bzw. Alan Vega, wie er sich nannte, in einem Alter, in dem andere sich zum ersten Mal in ihrem Leben über ihre Rentenversicherung Gedanken machen: 32. Das, was Jahre später einmal Punk oder Industrial genannt werden sollte, zelebrierte er mit einem Kompagnon seinerzeit auf seine Weise in Underground-Galerien oder auf Kellerbühnen, wo er eine Fahrradkette schwang oder sich auf andere Weise verhaltensauffällig zeigte.

Zwei in dunkles Leder gewandete, dunkle Sonnenbrillen tragende Gestalten vom Typ durchgeschossene Kunststudenten wüteten da, erkennbar von frühen Prä- und Protopunk-Institutionen wie Velvet Underground und den Stooges beeinflusst: Vega sang, schrie und bellte Schlechtgelauntes ins Mikro, während sein Kollege Martin Rev auf seinem Keyboard oder Synthesizer einen simplen Beat und immer dieselben zwei Töne reproduzierte. Getrieben waren die beiden, wie Klaus Walter in der »taz« schreibt, »von der existenziellen Liebe zu Jazz, R&B, Doo Wop und Rock›n‹Roll«. Aber, genauso wichtig: »Suicide waren auch imprägniert von der existenziellen Erfahrung der Negation, der Vernichtung, die es ihnen verbat, sich damit zufriedenzugeben, jene Kreuzung aus Elvis und Kraftwerk zu sein, die Kritiker in ihnen sehen wollten.«

Mit ihrem Debütalbum »Suicide«, das 1977 erschien und das mit einem artifiziell und düster-bedrohlich klingenden Hartplastik- und Robot-Rockabilly aufwartete, einem extrem repetitiven Avantgarde-Sound, der sich anhörte, als würden nervöse Außerirdische unter dem Einfluss von Valium und Speed versuchen, Elvis- und Buddy-Holly-Songs mit Instrumenten aus dem Weltraum nachzuspielen, waren sie, was Düsternis und Entmythisierung des menschlichen Daseins anging, früher dran als Gruppen wie Joy Division oder The Cure. Man kann die zu jener Zeit neuartige und mit nichts zu vergleichende Musik des Duos auch als eine Art frühe Dekonstruktion des Rock›n‹Roll und dessen Mythos verstehen. Die Auflösung und Wiedergründung des Duos sowie vier weitere Alben sollten im Lauf der Jahre und Jahrzehnte folgen.

Auch die Texte konnten nicht gerade als lebensbejahend gelten: Erzählt wurde in den minimalistischen Songs etwa vom Weltuntergang, von den Schrecken des Krieges, schweren Psychosen oder Amokläufen (»Frankie Teardrop«). Auch Soloalben hat Vega immer wieder aufgenommen. Am Samstag ist er im Alter von 78 Jahren in New York gestorben.

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