Werbung

Journalistenmord im Zentrum Kiews

Pawel Scheremet arbeitete bei der investigativen »Ukrainskaja Pravda«

  • Denis Trubetskoy, Kiew
  • Lesedauer: 2 Min.

»Die Explosion war sehr laut, es sah einfach fürchterlich aus«, berichten Augenzeugen, die am frühen Mittwochmorgen direkt in der Kiewer Innenstadt eine Schreckszene beobachtet haben. Gegen 7.40 Uhr stieg der bekannte Journalist Pawel Scheremet in der Nähe seiner Wohnung in das Auto seiner Frau Olena Pritula, die ebenfalls Journalistin ist. Wenig später erfolgte eine starke Explosion: Scheremets Auto brannte schnell aus, Notärzte konnten sein Leben nicht mehr retten.

»Ich kannte Pawel persönlich. Es ist eine schreckliche Tragödie. Ich bin schockiert«, twitterte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko. Er berief sofort eine polizeiliche Sondereinheit, die von der Chefin der neuen Nationalen Polizei, Chatija Dekanoidse, geführt wird. Sowohl die Polizei als auch die Staatsanwaltschaft ging schon Stunden nach der Tat fest von einem politisch motivierten Mord aus. »Dass der Grund des Mordes die professionelle Tätigkeit war, ist unsere Hauptversion. Außerdem schließen wir den Versuch einer Destabilisierung der Lage in Kiew nicht aus«, kommentierte Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko. Anton Geraschtschenko, Berater des Innenministers Arsen Awakow, wollte zudem eine »russische Spur« nicht ausschließen.

Kollegen Scheremets vermuten einen Angriff gegen die Nachrichtenseite »Ukrainska Pravda«, die für ihre investigativen Recherchen zum Thema Korruption bekannt ist. Scheremet und seine Frau Olena Pritula, als Gründungsredakteurin eine der zwei Chefs von »Ukrainska Pravda«, spielten beim Online-Medium seit Jahren die führende Rolle. Dies ist ist auch mit dem bekanntesten Mord an einem Journalisten in der Geschichte der Ukraine verbunden: Vor 16 Jahren wurde Georgij Gongadse, Gründer der Seite, brutal ermordet. Hinter der Tat soll der damalige Präsident Leonid Kutschma stehen, sie wurde allerdings nie aufgeklärt.

Der in Belarus geborene Pawel Scheremet galt als einer der größten Kritiker des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko und musste im Jahr 1997 drei Monate in Haft verbringen. Nach seiner Freilassung ging er nach Russland und arbeitete dort unter anderem beim staatlichen 1. Kanal. Seit fünf Jahren lebte und arbeitete der 44-Jährige in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Scheremet ist der 69. Journalist, der seit 1992 in der Ukraine ermordet wurde.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.