Erdogan baut seine Macht aus

Europarat kündigt Besuch in Ankara an

  • Lesedauer: 2 Min.

Ankara. Zwei Wochen nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei baut Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Macht weiter aus. In einem Fernsehinterview sagte der Staatschef am Samstagabend, er wolle den Geheimdienst MIT sowie alle militärischen Stabschefs direkt unter seine Kontrolle stellen. Zugleich ordnete er die Schließung sämtlicher Militärschulen an und entließ weitere 1400 Soldaten aus den Streitkräften.

Er werde ein »kleines Paket« mit Verfassungsänderungen ins Parlament einbringen, sagte Erdogan dem Fernsehsender A-Haber. Da dafür eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, ist die Regierung auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Sollten die Maßnahmen verabschiedet werden, würden die militärischen Stabschefs und der MIT der Präsidentschaft unterstellt. Erdogan sprach von »ernsthaften Fehlern« in der Putschnacht beim Geheimdienst. Erdogan kündigte zudem an, dass die Chefs der Luftwaffe, der Marine und der Bodentruppen künftig direkt Verteidigungsminister Fikri Isik Bericht erstatten sollen.

Nach dem gescheiterten Militärputsch vor zwei Wochen war ein dreimonatiger Ausnahmezustand verhängt worden. Wenn sich die Lage nicht bald wieder normalisiere, könne der Ausnahmezustand »wie in Frankreich verlängert werden«, sagte Erdogan. Dort war die Maßnahme nach den Attentaten vom November in Paris ergriffen und seither mehrfach verlängert worden.

Am Sonntag ordnete Erdogan an, fast 1400 Soldaten aus den Streitkräften zu entlassen, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Unter den 1389 Entlassenen, die dem islamischen Prediger Fethullah Gülen nahestehen sollen, sind demnach auch Erdogans engster Militärberater Ali Yazici sowie Levent Türkkan, der Adjutant von Generalstabschef Hulusi Akar. Bereits vergangene Woche waren per Dekret knapp 1700 Militärangehörige entlassen worden, unter ihnen 149 Generäle, 1099 Offiziere und 436 Unteroffiziere. Nach Angaben Erdogans wurden seit dem Putschversuch insgesamt knapp 18 700 Menschen festgenommen. Neben Militärangehörigen sind unter ihnen auch Richter, Staatsanwälte, Regierungsbeamte, Wissenschaftler und Journalisten.

Nach Kritik an der Menschenrechtslage in der Türkei reist der Generalsekretär des Europarates nach Ankara. Er werde dort am Mittwoch mit Staatschef Erdogan, Außenminister Mevlüt Cavusoglu und anderen hochrangigen Regierungsvertretern zusammenkommen, sagte ein Sprecher des Europarats am Sonntag in Straßburg. Thorbjørn Jagland wolle sich aus erster Hand über die Situation in der Türkei informieren. Agenturen/nd

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