Brasilien: Gummigeschosse gegen Protestierende

Kritik an Temer-Regierung und Bildungsnotstand: Polizei geht bei olympischem Fackellauf gegen Studenten und Professoren vor / Mädchen verletzt

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Beim olympischen Fackellauf ist es im Bundesstaat Rio de Janeiro zu Protesten gegen die Regierung gekommen. Die Polizei antwortete mit Tränengas, Pfefferspray und Gummigeschossen. Ein zehn Jahre altes Mädchen sei durch ein Gummigeschoss verletzt worden und musste in ein Krankenhaus gebracht werden, berichtete das «Portal »O Globo«.

Vor allem Studenten und Professoren hatten in Duque de Caixas, rund 20 Kilometer von der Stadt Rio de Janeiro entfernt, gegen die schlechte Bildungssituation protestiert - wegen ausstehender Gehälter war an einigen Universitäten zuletzt kaum noch ein regulärer Betrieb möglich. Zudem seien »Temer raus«-Rufe zu hören gewesen - Brasiliens Interimspräsident Michel Temer wird von linken Gruppen unter anderem vorgeworfen, Bündnisse geschmiedet zu haben, um Mehrheiten für die Amtsenthebung der Präsidentin Dilma Rousseff zu erreichen. Laut Polizei hätten Demonstranten auch Steine geworfen.

Bisher kam es während des Fackellaufs bereits an anderen Orten zu vereinzelten Protesten gegen die rund 10,5 Milliarden Euro teuren Olympischen Spiele. In Angra dos Reis, 170 Kilometer westlich von Rio de Janeiro, erlosch die Flamme dabei kurzzeitig.

Temer wird auch die Olympischen Spiele am Freitagabend im Maracanã-Stadion eröffnen. Dort wird er erstmals auch viele andere Staats- und Regierungschefs treffen. Laut Medienberichten soll direkt nach Temers Ansprache Musik eingespielt werden, um mögliche Pfiffe im Stadion zu übertönen. Schon kurz nach Olympia könnte Rousseff mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit vom Senat endgültig des Amtes enthoben werden, Temer bliebe Präsident.

Brasilien ist durch die politische Krise tief gespalten. Rousseff rechnete kurz vor der Eröffnung mit ihrem langjährigen Vize und wichtigsten Koalitionspartner ab. »Stell dir vor, Du gibst eine Party. Du arbeitest mehrere Jahre dafür, bereitest alles vor, organisierst die Beleuchtung, bestellst die Presse. Und am Tag, an dem Party beginnt, kommt jemand an deiner Stelle und reißt die Party an sich«, sagte sie der Zeitung »El Mundo«. »In der Geschichte dieser Spiele bin ich das Aschenputtel.« Die Politikerin von der linken Arbeiterpartei bezeichnete Temer als »Verräter und Usurpator«.

Temer hat eine Mitte-Rechts-Übergangsregierung gebildet, die im Falle von Rousseffs Absetzung dann bis Ende 2018 weitermachen könnte. Der 75 Jahre alte Jurist würde dann auch als neuer Präsident des fünftgrößten Landes der Welt Anfang September zum G20-Gipfel nach China reisen. Agenturen/nd

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