Der leidige Lümmel

Ingolf Bossenz über die Probleme demokratischer Willensbildung nicht nur in der Türkei

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wenn das Volk die Todesstrafe will, werden die Parteien seinem Willen folgen.« Da lässt er sich nicht lumpen, der türkische Präsident. Wenn Recep Tayyip Erdoğan das Volk hört - in diesem Fall dessen Rufe nach Todesurteilen -, dann hört er auch auf das Volk. Demokratie hat halt ihren Preis und kann schon mal das eine oder andere Leben kosten. Aber sie bleibt eine komplizierte Angelegenheit. Bundespräsident Joachim Gauck hat diese Tatsache erst jüngst auf den Punkt gebracht: »Die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind im Moment das Problem ...«

In der Tat: Man muss mächtig aufpassen, was er da an den Urnen so anrichtet, der »große Lümmel«, wie Heinrich Heine »das Volk« zärtlich titulierte. Während er hierzulande in erklecklicher Zahl Rattenfängern und geistigen Brandstiftern nachläuft, zerlegt er anderswo die mühsam zusammengezimmerte Europäische Union und schickt sich jenseits des Atlantiks gar an, einem der schlimmsten Albträume ins Reich des Realen zu verhelfen. Karl Jaspers meinte: »Die Demokratie setzt die Vernunft im Volk voraus, die sie erst hervorbringen soll.« Ein guter Rat. Nur, was machen wir bis dahin? Mit der wirklich wahren Wahrheit ist es schwierig. Man könnte eine höhere Instanz fragen. Zum Beispiel: »Was würde Jesus dazu sagen?« Aber den Türken wäre das wohl keine Entscheidungshilfe.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.