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Weltsozialforum: Linkenpolitiker kritisiert Wahl von Montreal

Movassat fordert Rückbesinnung des Weltsozialforums »auf seine Wurzeln« / »Brot für die Welt«: Kanada als Konferenzort durchaus sinnvoll

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Linkenpolitiker Niema Movassat hat sich kritisch über den Veranstaltungsort des Weltsozialforums im kanadischen Montreal geäußert. Es sei zwar »gut gemeint« gewesen, das Treffen der Globalisierungskritik erstmals in einem G7-Land stattfinden zu lassen, so der Sprecher für Welternährung der Linksfraktion im Bundestag. »Wenn dann aber kaum Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Globalen Süden teilnehmen können, weil sie nicht genug Geld haben oder schlicht kein Visum bekommen, zeigt das einmal mehr, wie krass der Gegensatz zwischen Nord und Süd noch immer ist«, so Movassat.

Das Weltsozialforum findet in diesem Jahr erstmals im Globalen Norden statt, rund 50.000 Menschen werden bis Sonntag in Kanada erwartet. Doch über 100 Aktivisten konnten wegen der restriktiven Visapolitik der Regierung nicht einreisen. »Wenn Kanada außerdem Aminata Traoré, einer ehemaligen malischen Ministerin und Kandidatin für die Nachfolge des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon, die Einreise verweigert, dann ist das beispielhaft für die ungebrochene Arroganz des Nordens«, so der Abgeordnete. »Wenn Vertreter wohlhabender westlicher Nichtregierungsorganisationen mit den lokalen Gruppen und Bewohnerinnen und Bewohnern Montreals und Kanadas auf einem Weltsozialforum quasi unter sich sind, läuft etwas grundsätzlich falsch.«

Angesichts von Hunger, Kriegen, Migration und dem Erstarken reaktionärer politischer Bewegungen weltweit sei die global Linke herausgefordert. »Es bleibt zu hoffen, dass es dem Weltsozialforum gelingt, seiner wichtigen Aufgabe des Austauschs und der Koordination zwischen Graswurzel-Bewegungen aus allen Teilen der Welt wieder besser gerecht zu werden«, so Movassat. »Mehr denn je braucht die Welt heute eine regelmäßige globale Zusammenkunft progressiver und sozialer Bewegungen aus allen Regionen der Erde«, sagte der Linkenpolitiker. Wenn das Weltsozialforum diese Rolle weiter spielen wolle, müsse es sich aber »dringend auf seine Wurzeln besinnen«. Das Weltsozialforum wurde 2001 als Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum in Davos sowie zu den Gipfeltreffen der damaligen G7 und der G20 aus der Taufe gehoben. Es fand bisher stets in Entwicklungs- und Schwellenländern Lateinamerikas, Asiens und Afrikas statt.

Die Organisatoren wollen mit der Wahl des Veranstaltungsortes im kanadischen Montreal die Aufmerksamkeit auch auf die sozialen Probleme in Industrieländern lenken. »Die Ungleichheit nimmt auch im Norden rapide zu, in Deutschland herrscht EU-weit die höchste Einkommensungleichheit«, sagte die Entwicklungssoziologin Luise Steinwachs von »Brot für die Welt« dem Evangelischen Pressedienst. Die Zivilgesellschaft befasse sich in den reichen Ländern immer mehr mit den gleichen Themen wie Aktivisten in den armen Staaten. Deshalb sei es durchaus sinnvoll, dass das Weltsozialforum erstmals in einem Land im Norden stattfinde. Und noch ein weiterer Grund habe für Kanada als Tagungsort gesprochen: Einige der großen Firmen beispielsweise im Bergbausektor, die für ökologische und soziale Probleme verantwortlich seien, kämen aus dem nordamerikanischen Land.

Bei dem am Dienstag gestarteten Welttreffen der Alternativen in Montreal soll es um Themen wie die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, Chancen für die Jugend und Steuergerechtigkeit gehen. Mehr als 1.000 Organisationen sind vertreten, 1.200 Einzelveranstaltungen sind geplant. »Es geht vor allem darum, sich Gehör zu verschaffen«, sagte Sabine Minninger vom Evangelischen Entwicklungsdienst »Brot für die Welt« mit Blick auf alternative Forderungen, Kritik am Kapitalismus und der globalen Ausbeutung von Mensch und Natur. vk/mit Agenturen

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