Faktencheck-Webseite fühlt sich von Rechten bedroht

Betreiber des österreichischen Projekts Mimikama landen im Impressum eines Waffengeschäfts / Autoren vermuten »Anonymous.Kollektiv« dahinter

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Betreiber der österreichischen Faktenchecker-Webseite Mimikama fühlen sich laut eigenen Angaben bedroht. Auf Facebook erklärten sie am Mittwoch: »Wir haben mittlerweile Angst das Büro zu verlassen.« Mimikama ist seit sechs Jahren mit dem Projekt »Zuerst denken – dann klicken« verbunden. Die Seite versucht, Falschmeldungen im Internet zu entlarven und Fakten zu umstrittenen Themen zu überprüfen. Die Autoren hinterfragen dabei oft auch Gerüchte, die in sozialen Netzwerken gegen Flüchtlinge erhoben werden.

Nun sind Klarnamen und Adressen der Betreiber im Impressum des vermeintlichen Hartgummi-Waffenverkäufers »Migrantenschreck« aufgetaucht. Die Faktenüberprüfer beteuern, in keiner Verbindung zu der Webseite zu stehen. Dafür erhalten sie jedoch nach eigener Aussage fortan ungewollte Briefe, Botendienste und Bedrohungen, die in Zusammenhang mit dem dubiosen Webshop verschickt werden. Von den Behörden fühlen sie sich nicht geschützt. Die Betreiber überlegen aufgrund des Drucks sogar, ihr Projekt zu beenden.

Werbung für den Webshop mit russischer Domainendung soll laut dem »Standard« vor allem das »Anonymous.Kollektiv« (AK) gemacht haben. Deren Facebook-Seite hatte zu Hochzeiten rund zwei Millionen deutsche Nutzer, ist aber mittlerweile auf das russische soziale Netzwerk »VK« umgezogen. Dort tummeln sich zahlreiche deutschsprachige Rechtsradikale und Verschwörungsideologen. Die Mimikama-Betreiber vermuten, dass dieselbe Personengruppe hinter dem AK und dem Waffengeschäft steckt. Und dass sie letztlich aus Rache im Impressum von »Migrantenschreck« gelandet sind, weil sie zuvor immer wieder Berichte des »Anonymous.Kollektivs« kritisch überprüft hatten.

Der »Anonymous«-Bewegung nahe stehende Personen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die ehemalige Facebook-Seite des »Anonymous.Kollektivs« nichts mit den ursprünglichen Ideen der Gruppe zu tun hatte. Während Anonymous sich hauptsächlich gegen Netzüberwachung, Scientology oder autoritäre Regime einsetzte, hetzte die Netz-Seite unter dem nicht geschützten Label vor allem gegen Migranten, Linke, Juden und die deutsche Regierung.

Laut einem Artikel der »FAZ« hatten bis 2012 vier Personen die entsprechende Facebook-Seite gemeinsam moderiert. Dann hatte jedoch einer der Verantwortlichen die drei anderen Admins hinaus geworfen. Bei dem späteren alleinigen Betreiber soll es sich mutmaßlich um einen rechtsradikalen Erfurter handeln. Dieser hatte das jedoch - auch eidesstattlich – immer wieder bestritten.

Der »Süddeutschen Zeitung« zufolge hatte der Grüne-Bundestagsabgeordnete Volker Beck Anfang des Jahres Anzeige gegen den Betreiber des AK gestellt. Er habe der Staatsanwaltschaft auch Hinweise geliefert, dass der verdächtige Admin für das »Anonymous.Kollektiv« verantwortlich sein soll. Die Justiz fandet laut »Spiegel« nun gegen den Mann wegen des Verdachts auf Betrug, Volksverhetzung und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten. Einer monatelangen Focus-Recherche zufolge soll der Erfurter auch der Betreiber der Seite »Migrantenschreck« sein.

Die österreichischen Grünen haben derweil aus Solidarität am Freitag den Verein hinter Mimikama mit 1000 Euro unterstützt. Das Geld stamme aus einem Hass-Posting-Verfahren, heißt es beim Standard. Die Arbeit des Projektes sei aktuell mehr denn je gefragt, so die Politiker: »Immer mehr HassposterInnen versuchen gezielt durch Hass und Hetze eine Meinungshoheit in sozialen Netzwerken zu erzwingen. Ziel der Hetze ist es, andere mundtot zu machen und sie aus dem digitalen Raum zu verdrängen.«

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