Vorhersagen bleiben Zufallstreffer
Die zentralen Apenninen bleiben gefährlich
Italien ist tektonisch gesehen wohl eines der instabilsten Gebiete Europas. So ist die von der Po-Ebene bis zum »Stiefel«-Absatz in Kalabrien reichende Gebirgskette der Apenninen Produkt des Zusammenstoßes der Adriatischen und der westeuropäischen Platte. Weitere Spannungen werden durch den Andruck der Afrikanischen Platte von Süden und die Öffnung des Tyrrhenischen Meeres im Westen ausgelöst. All diese Kräfte bündeln sich im Zentralen Bereich der Apenninen, wo die Erde nun wieder gebebt hat, nicht weit von der kleinen Stadt L’Aquila, wo es 2009 zu einem verheerenden Erdbeben gekommen war.
Damals waren mehrere Seismologen angeklagt worden, weil sie »ungenaue, unvollständige und widersprüchliche« Aussagen über das Risiko eines großen Bebens nach einer Vielzahl kleinerer Erdstöße getroffen hatten. Die Verurteilung der Wissenschaftler in erster Instanz hatte 2012 zu weltweiter Empörung unter den Fachkollegen geführt. Denn genau genommen bestand die »Widersprüchlichkeit« darin festzuhalten, dass dieses Gebiet extrem erdbebengefährdet ist, aber einzelne kleine Stöße keine Prognose zulassen.
So bedauerlich das für Länder wie Italien sein mag, es gibt bis heute kein verlässliches Verfahren, um große Erdbeben wenigstens kurzfristig vorherzusagen. Zwar wurde 1975 aufgrund der Beobachtung seltsamen Verhaltens mancher Tiere und eines Absinken des Grundwasserspiegels die nordostchinesische Millionenstadt Haicheng tatsächlich kurz vor einem schweren Beben erfolgreich evakuiert, so dass es kaum Todesopfer gab, doch schon 18 Monate später scheiterten all diese Indikatoren beim noch schlimmeren Beben im 200 Kilometer entfernten Tangshan, wo mehr als 200 000 Menschen starben. Auch um das mathematische Modell eines 14-jährigen US-Amerikaners, mit dem dieser 2014 ein Beben der Stärke 5 bis 9 im Napa Valley nahe San Francisco vorhersagte, ist es wieder still geworden. Vermutlich handelte es sich nur um einen Glückstreffer so wie 1975 in China.
Objektiv messbare Faktoren wie das vermehrte Austreten des radioaktiven Edelgases Radon oder ein auffälliges Fehlen kleinster Beben in tektonisch sehr unruhigen Gebieten können zwar Zeichen bevorstehender große Erschütterungen sein, haben aber ebenfalls bislang bei der präzisen Vorhersage versagt. Ebenso folgenlos blieb der Versuch, anhand elektrischer Spannungsveränderungen in der Erde oder der Hufigkeit vorangehender Beben zu brauchbaren Bebenwarnungen zu kommen.
Und so bleibt nur, was Japan mit einigem Erfolg betreibt: erdbebensicher bauen.
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