Kretschmann torpediert Rot-Rot-Grün
Ministerpräsident wirbt für schwarz-grünes Regierungsbündnis / Berichte über vertrauliches Gespräch mit Merkel
Stuttgart. Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl sollen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vertraulich getroffen haben. »Der Spiegel« berichtete von einem gemeinsamen Abendessen am Sonntagabend in Berlin. Kretschmann ist ein klarer Befürworter eines erstmaligen schwarz-grünen Bündnisses nach der Wahl 2017, auch CDU-Chefin Merkel gilt als aufgeschlossen dafür.
Das Stuttgarter Staatsministerium äußerte sich nicht konkret zu dem Bericht, erklärte aber, dass Merkel und Kretschmann von Zeit zu Zeit miteinander über bundespolitische Themen sprächen.
Kretschmann hatte im März mit den Grünen die Landtagswahl in Baden-Württemberg gewonnen. Seitdem Bundespräsident Joachim Gauck erklärt hat, nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, wird er neben anderen als ein potenzieller Nachfolger gehandelt. Er selbst schweigt dazu. Ihm werden auch eher wenig Chancen eingeräumt – gleichwohl gilt er als Kompromisskandidat, falls sich Union und SPD nicht einigen können. Allerdings gibt es innerhalb von SPD, LINKEN und Grünen auch zahlreiche Stimmen, die einen gemeinsamen rot-rot-grünen Kandidaten ins Rennen schicken wollen. Gehandelt wird dabei unter anderem der Schrifsteller Navid Kermani. Kretschmann allerdings wandte sich gegen den Vorschlag: »Es sollte ein ausgewiesener, erfahrener Politiker sein«, der Bundespräsident werde. »Es ist jetzt nicht die Zeit für Experimente. Er sollte politisch versiert und zugleich in der Lage sein, das Land parteiübergreifend zusammenzuhalten.«
Kretschmann warb im »Spiegel« zudem erneut für ein Bündnis mit der Union. Schwarz-Grün passe einfach in die Zeit, die geprägt sei von Unsicherheit und Krisen, sagte er. »Es kommt jetzt darauf an, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern. Es geht darum, Freiheit und Individualismus zu erhalten und zugleich dem wachsenden Bedürfnis nach Sicherheit gerecht zu werden.«
Hingegen befürworten Parteilinke bei den Grünen ein Bündnis mit SPD und Linkspartei. So hatte der Ex-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin ebenfalls im »Spiegel« schon vor einiger Zeit bekräftigt, dass »die Schnittstellen mit den Sozialdemokraten und auch mit weiten Teilen der Linken einfach höher sind als mit der CDU und vor allem der CSU«. Im Zweifel würde Trittin lieber mit der LINKEN koalieren als mit einem CSU-Chef Horst Seehofer, der »kaum noch von Viktor Orban zu unterscheiden« sei. Agenturen/nd
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