Bayer-Deal mit Monsanto zieht sich
Offerte zeigt Agrarchemie-Branche im Umbruch
»Kein Kommentar«! Wer in diesen Tagen versucht, über den Stand der Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto durch den Bayer-Konzern Neues zu erfahren, erhält stets eine Abfuhr. Werner Baumann, der seit Anfang Mai die Geschicke des Pharmariesen führt und nur drei Wochen nach seinem Antritt als Bayer-Chef mit der Übernahmeofferte die Öffentlichkeit überraschte, ist seit Wochen abgetaucht. Bayer hält alle Informationen über den größten Deal der Firmengeschichte strikt unter Verschluss. Bekannt ist: Nach der letzten Aufbesserung des Angebots Mitte Juli steht der Übernahmepreis inzwischen bei 64 Milliarden US-Dollar (rund 56 Milliarden Euro).
Zwei Offerten hat das Management von Monsanto um Vorstandschef Hugh Grant bislang als zu niedrig eingestuft, sich aber offen für Gespräche gezeigt. Denn der Zusammenschluss hat nicht nur aus Sicht von Bayer strategische Vorzüge. Die Geschäfte beider Unternehmen ergänzen sich zum großen Teil - ein Vorteil, wenn die Kartellbehörden einen möglichen Deal genehmigen müssen. »Wir erkennen den potenziellen Wert, den eine solche Kombination von Geschäften schaffen kann, weil sie Innovationen beschleunigt und die Wahlmöglichkeiten für Landwirte über eine breitere Palette von Ackerfrüchten erhöht«, urteilte Monsanto-Chef Grant Ende Juni.
Es gibt aber auch andere gute Gründe für den Saatgutkonzern aus St. Louis, sich der Bayer-Offerte nicht zu verschließen. Die globale Agrarchemie befindet sich im Umbruch - es wird am großen Rad gedreht, nach dem Motto fressen oder gefressen werden. Der Saatgutmarkt konzentriert sich immer mehr auf immer weniger Unternehmen. Gemeinsam mit Monsanto würde sich Bayer als integrierter Anbieter an die Weltspitze katapultieren.
Und die Konkurrenz? Der Staatskonzern ChemChina schluckt gerade die schweizerische Syngenta, und der US-Riese DuPont schickt sich an, den heimischen Konkurrenten Dow Chemical zu übernehmen.
Ob Agrochemie und industrielle Landwirtschaft aber die richtige Antwort auf die globalen Ernährungsfragen sind, wird von Umweltschützern und vielen Entwicklungsexperten bezweifelt. »Trotz Überproduktion ist das industrielle Modell globalisierter Landwirtschaft unfähig, das Grundbedürfnis von Milliarden Menschen nach ausreichender und ausgewogener Ernährung zu befriedigen«, heißt es im Weltagrarbericht 2015. Gefordert werden Investitionen in die kleinbäuerliche Produktion. Doch auf den Weltmärkten weisen andere den Weg.
Bayer-Aktionäre fürchten, dass das Unternehmen künftig das lukrative Pharmageschäft, das Baumann-Vorgänger Marijn Dekkers nach vorne gebracht hatte, vernachlässigen könnte. Hinzu kommt der schlechte Ruf von Monsanto. Der Saatguthersteller steht wegen des Pestizids Glyphosat und genmanipulierten Saatgutes in der Schusslinie. Doch Baumann hält unbeirrt an seinen Plänen fest. Wie ernst ihm der Kauf ist, zeigt allein, dass Bayer nicht nur einen hohen Preis, sondern auch eine Entschädigung für den Fall des Scheiterns der Übernahme an Monsanto zu zahlen bereit ist. Und von Beginn an war dem Bayer-Chef klar, dass es ein zähes Ringen wird: »Die Übernahme wird kein Sprint, sicherlich eher ein Marathon«, sagte er der »Wirtschaftswoche«.
Im Prinzip steht Bayer noch am Anfang. In den Medien wird in diesen Tagen spekuliert, beim Kaufpreis gebe es eine Annäherung. Bestätigt wird das nicht. Scheitern die Verhandlungen, rückt eine feindliche Übernahme näher. Aber die enthält noch ganz andere Fallstricke und Tücken. dpa/nd
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