Gefangenen-Gewerkschaft erhält Fritz-Bauer-Preis

Humanistische Union: »Humaner Strafvollzug setzt stärkere Rechte für Inhaftierte voraus« / Rund 45.000 inhaftierte Beschäftigte derzeit

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Humanistische Union vergibt in diesem Jahr den Fritz-Bauer-Preis an die bundesweite Gefangenen-Gewerkschaft. Man würdige »damit deren Bemühungen um angemessene Standards der Gefangenenarbeit«, heißt es zur Begründung. Die 2014 gegründete Organisation setze sich für die Anwendung des gesetzlichen Mindestlohns für lohnarbeitende Gefangene, für deren Teilnahme an der gesetzlichen Sozialversicherung und die volle Gewerkschaftsfreiheit im Strafvollzug ein. Gegen große Widerstände in den Justizvollzugsanstalten versuchten die Initiatoren, die kollektiven Rechte der derzeit rund 45.000 inhaftierten Beschäftigten in der Bundesrepublik zu stärken.

Vier Stunden Eschweiler, angekettet
Das Geiseldrama von Gladbeck: über einen Medien-GAU und das kaputte System deutscher Strafvollzug

»Es gehört seit Jahrzehnten zu den selbstgesteckten Zielen des Gesetzgebers, dass das Leben im Vollzug den Lebensbedingungen in der Freiheit so weit als möglich anzugleichen sei«, sagte Werner Koep-Kerstin, der Vorsitzende der Humanistischen Union, zu der Auswahl. »Davon sind wir in Deutschland weit entfernt.« Sowohl die »dürftige Entlohnung« weit unterhalb des Mindestlohns als auch die fehlenden Beiträge zur Rentenversicherung stellen für die inhaftierten Arbeiter »eine doppelte Bestrafung« dar. Koep-Kerstin verwies darauf, dass dies den »Weg in die Altersarmut« ebne. Es gebe »keine vernünftige Begründung, warum das so sein muss – außer der, dass sich an Gefangenen leicht sparen lässt, weil sie keine Lobby in der Öffentlichkeit haben«.

Mit der Preisvergabe erneuert die Humanistische Union ihre Aufforderung an die Justizminister der Länder, die im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Rentenversicherungspflicht eingesetzt haben. »Die seit 1976 bestehenden Vorgaben des Strafvollzugsgesetzes sind endlich umzusetzen«, so Koep-Kerstin. Der Preis wird am 17. September in Hannover an den Sprecher der Gewerkschaftsinitiative, Oliver Rast, verliehen. Er ist die höchste Auszeichnung der Humanistischen Union und steht im Gedenken an den 1968 verstorbenen hessischen Generalstaatsanwalt und Mitbegründer der Humanistischen Union. nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!