Nicht nur Barroso braucht Transparenz
Robert D. Meyer über falsche Privilegien für Ex-EU-Kommissionsmitglieder
Es ließe sich annehmen, gerade den europäischen Institutionen wäre es um ihrer Selbstwillen daran gelegen, alles gegen die verbreitete Ansicht zu unternehmen, in Brüssel und Straßburg säßen mehrheitlich Politiker, die nur an ihr persönlichen Vorteil denken. Insofern ist das Signal von EU-Kommissionspräsident Juncker richtig, seinem Amtsvorgänger Barroso einige Privilegien zu kappen. Der neue Goldman-Sachs-Berater dürfte es aber verschmerzen, wenn seine offiziellen Treffen mit Kommissionsvertretern von nun an im Transparenzregister veröffentlicht werden.
Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Schließlich ist der Portugiese jetzt Vertreter der Finanzlobby. Besäße Barroso genug Loyalität gegenüber dem schwer schlingernden Haus Europa, hätte er von sich aus vorgeschlagen, auf seine Vorrechte zu verzichten. Doch Barroso ist eben auch Interessenvertreter seiner selbst, seine gute Vernetzung der Grund für seinen neuen Job.
Sein Verhalten spiegelt nur wider, wie sich besonders das konservativ-bürgerliche Lager im EU-Parlament gerade vehement gegen mehr Transparenz und strengere Lobbyregeln wehrt. Im Gespräch sind etwa längere Karenzzeiten und die Veröffentlichung aller Eingaben von Lobbygruppen zu jedem geplanten Gesetz. Hier müsste Juncker Druck machen – schließlich war er einst mit dem Versprechen angetreten, für mehr Transparenz zu sorgen.
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